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Potsdam, Foto:2004rds"ES IST ABER EINE BÜRGERLICHE PFLICHT, SICH EINZUMISCHEN"         Lord Ralf Dahrendorf       


"Die Bereitschaft zu steter Wachsamkeit. Diese ist der Preis der Freiheit und einer zivilen Gesellschaft."

Prof. Dr. Jutta Limbach anläßlich eines Vortrags zur Eröffnung der Georg-Elser-Woche in Bremen, am 13. Januar 2003 im Bremer Rathaus. (100. Geburtstag von Georg Elser)


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DIE CORONA-MATRIX


Was ist unsere Demokratie, was ist unser Grundgesetz in einem historisch nicht unbelasteten Land tatsächlich wert? Wie robust und widerständig in einer schweren Krise? Wie geschützt gegen Juristen, den "Mechaniker(n) der jeweiligen und beliebig auswechselbaren Gesetze" (Fritz Bauer) und ihren situationsbedingten Auslegungen? Seit Bestehen des Grundgesetzes gab es bislang 64 Änderungen, Einfügungen, Aufhebungen und Umnummerierungen im Text (Stand 19.11.2019).


Als wäre es gefühlt erst gestern gewesen, vor einem Kalenderjahr, in 2019: 70 Jahre Grundgesetz in der Bundesrepublik Deutschland und eine Abfolge von Jubelarien und Hosiannagesängen. In allen relevanten Medien und politisch-gesellschaftlichen Institutionen durchweg zurecht positive Reflexionen, feierliche Reden bis zur Selbstgefälligkeit. Landauf, landab, Bürgerbefragungen: Was halten Sie vom GG ? Welcher der Artikel 1 bis 19 der Grundrechte gefällt Ihnen am besten? Was wäre zu kritisieren? Warum kam es nach dem Vollzug der deutschen Einheit im Jahr 1990, dem Beitritt der sich auflösenden DDR zur Bundesrepublik Deutschland, der sogenannten Wiedervereinigung, in einigen politischen Kreisen nur noch als verschämtes Lippenbekenntnis gepflegt, nicht zu der versprochenen Neuformulierung auf der Basis des 1949 in Kraft getretenen Grundgesetzes und einer gesamtdeutschen Abstimmung darüber durch das geeeinte Volk?

Schnee von gestern. Ist es nicht schon lange so, dass der "mündige Bürger" als eingebildeter "Souverän" oft verhöhnt worden und einer aussterbenden Population zuzurechnen ist?

Dann tauchte, zuerst in China, ein Virus auf, schnell in weltweiter Verbreitung begriffen: der SARS-CoV-2 Erreger, Auslöser der Covid-19 Erkrankung. Und löste Ungläubigkeit, Angst, Schrecken und Entsetzen aus. Die nicht von Kritik ausgenommene WHO erklärte aufgrund der Gefährlichkeit und der rasanten Ausbreitung des Virus über den Globus den Zustand einer Pandemie. In Deutschland angekommen und in hochinfektiöser Verbreitung von einem Bundesland ins andere überschwappend, kam ein kaum bekanntes, wenig beachtetes und sicher nicht viel gelesenes Infektionsschutzgesetz in den Focus, das sich "...streckenweise wie ein Polizeigesetz liest" (Rolf Gössner); Grundlage weitreichender Machtbefugnisse, und unter Umgehung parlamentarischer Debatten und Beschlüsse, tiefe Eingriffe in die Freiheit und Freizügigkeit der Bürger und Bürgerinnen ermöglichte. So kam es zum verordneten Stillstand in der Republik und mit den gerade ein Jahr zuvor hochgelobten und heilig geweihten Grundrechten in den Artikel 1 bis 19 GG mit "Ewigkeitswert" wurde mal ebend Schlitten gefahren. Es entstand ein kaum nachvollziehbarer, ungleicher Wildwuchs von Verordnungen, Einschränkungen und Gesetzen in den einzelnen Bundesländern.

Was ich daraus schließe, ist, dass die Demokratie sich ihrer prächtigen, maßgeschneiderten Kleider schnell berauben läßt und nahezu niemand schreit: Haltet den Dieb. Und das Grundgesetz, als ihr höchster Ausdruck einer freiheitlichen Verfassung, in Windeseile zur Makulatur umkippen kann. Und dient die Corona-Krise nicht idealerweise als Matrix, als Referenzfall, bei eventuell zukünftigen, nationalen oder wieder weltumspannenden ähnlichen Anlässen, tasächlichen oder fiktiven?

Maßgeblich im Schatten oder je nach Fügung im Spotlight der Kanzlerin, der Naturwissenschaftlerin und Physikerin, Dr. Angela Merkel, die seit Jahrzehnten aber beruflich als (Partei-)Politikerin wirkt, regelte und regelt der forsch agierende Gesundheitsminister Jens Spahn, der sich auch zum Herrscher über die lebenden und die toten Körper der Staatsbürger berufen zu fühlen scheint. Sein politischer Wirkungsgrad und Handlungsradius reicht von den unbehelligt gelassenen Privatpatienten, hin zu den für Forschungszwecke einschlägiger Institute zum Datenfreiwild erklärten und erniedrigten gesetzlichen Krankenversicherten, die rechtlos gestellt und ohne jeglichen Einspruchsmöglichkeiten geblieben sind.

Von der von ihm befürworteten und initiierten, aber bei der Mehrheit der Parlamentsabgeordneten durchgefallenen, automatischen Organentnahme bei geeigneten Verstorbenen, die nicht bei Lebzeiten rechtzeitig oder deren Angehörige nicht widersprochen haben, bis zur jetzt, nach Bereitstellung eines geeigneten Impfstoffes gegen das die Krankheit Covid-19 auslösende Corona-Virus, am Horizont auftauchende zwangsweise "Durchimpfen" der gesamten Bevölkerung der Bundesrepublik.

Übergangen sei in diesem Zusammenhang auch nicht die unseelige "Immunitätsbescheinigung", gerade noch, vorerst, vom Tisch gewischt, oder die einer Durchdeklinierung der Bevölkerungspyramide, so sie ja schon längst keine Pyramide mehr ist. Das die Alten ab 60 oder 65 Jahren, oder erst mit 70, oder dann doch schon ab 55 Jahren, aus reinster Fürsorglichkeit zu einer Risikogruppe unterschiedslos zusammenwürfelt. Schnell wird man so von einer noch vor kurzem werbewirksam umschmeichelten und getätschelten Altersgruppe der "Silver Ager" zum Generationenkollektiv der besonders Gefährdeten zugeschlagen und von einer blank paternalistischen Obrigkeit in allen Belangen bevormundet und mit dieser feisten Übergriffigkeit in die Todeszone Nr. 1, der eigenen Häuslichkeit, kalt gestellt, ruhig gestellt, verbannt.

Als wäre das alles im Phantasialand erträumt, oder, noch gröber, ein Stück aus dem Tollhaus und nicht, wie es der Realität entspricht, einem doch seriösen Ministerium entsprungen. Die Legitimität auch einer demokratisch gewählten Regierung ist nicht endlos und es kann und darf kein grenzenloses Verfügungs-und Zugriffsrecht auf die Physis und über die Psyche der Bürger und Bürgerinnen geben, auch wenn der eine oder andere Politiker und Wissenschaftler dies wohl unter Umständen so gern möchte. Es gibt Bereiche, in denen der Staat absolut nichts zu regeln hat. Es sei denn, er verdingt sich zur Diktatur.

Die Wissenschaft und die Wissenschaftler, in deren Sachverstand so viel Vertrauen gesetzt wird, trotz der vielen Widersprüche untereinander und entgegengesetzter Auffassungen und Bewertungen, in die so hohe Erwartungen projiziert werden und auf die sich mangels eigener Kenntnisse so vehement berufen wird, dass man glauben könnte, die spezielle Fachgruppe der Virologen haben das Land übernommen, kommen mir manchmal eher wie eine Kohorte blinder Schäfer vor, die eine Herde von folgsamen und verängstigten Lämmern durch eine undurchdringliche Nebelwand direkt dem Abgrund zutreiben. Die ratlosen, aber unter Entscheidungszwang stehenden Politiker intonieren dazu den Trauermarsch.

Gibt es nun die "Neue Normalität", auf die wir uns langfristig einstellen müssen, und von der ein norddeutscher Ministerpräsident schwadronierte, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt? So zum Beispiel zukünftig bei jeder winterlichen Influenzawelle verpflichtet sein, nur mit Maske die eigene Wohnung zu verlassen. Da werden die Verantwortlichen um Einfälle im Überbietungswettbewerb nicht verlegen sein.

"Man kann dieses Land nur mit gebrochenem Herzen lieben", so hieß es gerade in einer Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, bezugnehmend auf die schwer belastete Geschichte der Deutschen im 20. Jahrhundert. Mir bleibt eher wieder bestätigt die Frage, ob man diesem Land aus vollem Herzen und bedingungslos vertrauen kann, oder einer gefühlten Hintertreppendemokratie stets mit wachsamen Mißtrauen begegnen muß?


rds   10.05.2020

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DEMO:BERLIN,Samstag 13.Oktober 2018,13.00 Uhr


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50.000 Teilnehmer wurden zur großen TTIP/CETA-Demo in Hannover erwartet. Laut Veranstalter kamen dann 90.000, 35.000 nach Angaben der Polizei.


TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

TTIP-Demo Hannover 23.04.2016; Foto: rds2016

rds 24.04.2016



Photo:rds2015

Photo: rds2015M Ä C H T I G!
GEWALTIG!
Mehr als 150.000 Bürgerinnen und Bürger aus der ganzen Bundesrepublik demonstrierten am 10. Oktober 2015 in Berlin gegen TTIP, CETA und CO.


Photo: rds2015

Photo: rds2015

Photo: rds2015

Photo: rds2015

Photo: rds2015

Photo: rds2015

rds

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30. August 2014, 14.00 Uhr, Berlin / Brandenburger Tor Motto:"Aufstehen statt Aussitzen"

Am Ende des Demonstrationszuges durch einen Teil von Berlin-Mitte, gab Padeluun von digitalcourage die "gezählte" Anzahl der Teilnehmer bekannt: 6500 sollen es in diesem Jahr gewesen sein.

Berlin, FsA2014; Foto: rds08/2014


Berlin, FsA2014; Foto:rds08/2014Die Datenkrake als ständiger Begleiter und Symbol gegen den Überwachungsstaat.


Berlin, FsA2014; Foto:rds08/2014


Berlin, FsA2014; Foto: rds 08/2014Die LINKE, prominent vor Ort vertreten, u.a. mit Petra Pau, Bernd Riexinger und Katja Kipping (nicht im Bild).

Auch Hans-Christian Ströbele von den GRÜNEN tauchte als passionierter Fahrradfahrer wieder beständig am Rand des Demonstrationzuges auf.


Berlin, FsA2014; Foto:rds08/2014


rds  02.09.2014  

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PRÄSIDENT AUS DER "WIEDERVORLAGE"


Bei aller inzwischen persönlich nur noch gemäßigten Sympathie für Herrn Gauck, wird er voraussichtlich ein Präsident aus der "Wiedervorlage" sein. Und das nicht aus Mangel an anderen geeigneten Kandidaten. Mag die pausenlose Volksbequatschung eines großen Teils der politischen Akteure zu Gunsten des Granden der DDR-Bürgerrechtsbewegung mit der gefühlten, befragten und mit dem "Politbarometer" gemessenen Volksstimmung weitgehend deckungsgleich sein, offenbart das ganze Prozedere doch wieder einmal mehr, wie sehr die Wahl des Bundespräsidenten ein parteipolitisches Rankünespiel ist.

Und überhaupt: darf man noch von einer "Wahl" sprechen, ohne einen Gegenkandidaten oder einer Gegenkandidatin? Wo sich doch jetzt alle so einig sind und abgesprochen haben, läuft alles wie gehabt und geschmiert auf eine reine Akklamation hinaus. Alle Diskussionen für oder wider anderer Kandidaten waren von den Hintergedanken durchdrungen, welche parteipolitischen Auswirkungen, welche parteipolitischen Signale gesetzt, welche Auswirkungen auf die jetzige  oder irgendeine zukünftig denkbare Koalition die Benennung des einen oder anderen Kandidaten oder Kandidatin damit in die Zukunft projiziert werden. Das Volk, die Bürger und Bürgerinnen verblieben dabei zur Untätigkeit verdammt sprach-und gesichtslos im Dunkel des Zuschauerraums. Den mag Herr Gauck Kraft seines eloquenten Geistes nun ausleuchten.

rds   20.02.2012


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H A N N O V E R A N E R  demonstrieren

Samstag, 15. Oktober 2011, Bahnhofstr./Hauptbahnhof


Hannover/ Demo 15.10.2011; Foto: rds2011In einem spontanen, von der Polizei genehmigten, Protestzug zogen einige hundert engagierte Bürger in Hannover am heutige Nachmittag vom Treffpunkt Bahnhofstraße vor dem Hauptbahnhof, nach einer langen Reihe von Kundgebungsbeiträgen unterschiedlichster Redner, durch die feine Luisenstraße und die Georgstraße, vorbei an der Oper, zum Georgsplatz, dem Sitz der Deutschen Bank. 

Hannover/Demo 15.10.2011; Foto: rds2011Ein gellendes Pfeifkonzert erschallte beim Vorbeimarsch aus der Menge hinüber Richtung Bankhaus. Parteipolitische Symbole und Bekundungen waren hier heute unerwünscht. Ein möglichst breiter Querschnitt aus der Bevölkerung sollte den Protest gegen die MACHT DER BANKEN, gegen den globalen Finazkapitalismus und die erniedrigende Ausbeutung von 99 Prozent der Bürger durch das eine Prozent der Unersättlichen, unter Mithilfe der Politik, den notwendigen Nachdruck verleihen.

Hannover/Demo 15.10.2011; Foto: rds2011Hannover hat sich somit lautstark und vernehmlich in den bundes-und weltweiten Widerstand eingereiht. Demonstrationen und Protestversammlungen sind bis auf weiteres jeden Samstag vorgesehen; Treffpunkt wie vordem um 14 Uhr Bahnhofstr./Hauptbahnhof.

Hannover/Demo 15.10.2011; Foto: rds2011

Hannover/Demo 15.10.2011; Foto: rds2011

Hannover/Demo 15.10.2011; Foto:rds2011

Hannover/Demo 15.10.2011; Foto:rds2011

Hannover/Demo 15.10.2011; Foto:rds2011Dieser Kapitalismus ist der Entartungszustand einer ehemals freien und Freiheit ermöglichenden Wirtschaftsgesellschaft, diktatorisch für eine parlamentarische Demokratie  und für seine Bürger. Nur in ihm konnten und können die Banken zu einem überbedeutenden Faktor werden, zu dem maßgebenden und dirigistischen Mitbestimmer im politisch-gesellschaftlichen Prozeß, der sie jetzt geworden sind. 

Es ist die Aufführung des Absurden, dem tagtäglich beigewohnt werden muß. Daher wirkt der lautstarke, zornige und empörte Protest auf den Straßen wie ein Hoffnungsschimmer gegen die eigene Hilflosigkeit. Menschen sind schon aus geringeren Anlässen zu Demonstranten geworden. In der derzeitigen Situation, in der sich Bürger und Land befinden, wird das Schweigen, das Unbekümmert bleiben, das Nichtintervenieren zur Intervention zugunsten der jeweils Überlegenen und Rücksichtslosen.

rds   15.10.2011

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PETRUS IST DATENSCHÜTZER


Freiheit statt Angst - Berlin- 11. September 2010


Demonstration "Freiheit statt Angst", Berlin 11.09.2010; Foto: rds2010Die allgegenwärtige Grünen-Frontfrau Claudia Roth war vor Demonstrationsbeginn am Infostand ihrer Partei auf dem Potsdamer Platz in Berlin anzutreffen. Ver.di-Chef Frank Bsirske trat bei dieser seit 2006 fünften Demonstration in Folge unter dem Motto "FREIHEIT STATT ANGST" als Redner auf: "Bei der Vorratsdatenspeicherung darf es keine Kompromisse geben, sie muß abgeschafft werden!" Eröffnet hatte die Protestveranstaltung padeluun, Mitbegründer des 1987 ins Leben gerufenen Vereins FoeBuD e.V. [1], der aktiv für die Bürgerrechte, den Datenschutz und eine lebenswerte Welt im digitalen Zeitalter eintritt.

Demonstration "Freiheit statt Angst", Berlin 11.09.2010; Foto: rds2010Waren es bei der ersten Demonstration in Berlin 2006 nur wenige Hundert, so schnellte die Zahl der Teilnehmer 2007 auf ca. 15.000 und 2008 auf den bisher höchsten Stand von über 50.000 Demonstranten hoch. Die Demonstration 2009, die erstmals vom Potsdamer Platz aus startete, blieb schon hinter dieser Vorgabe zurück. Die deutlich geringere Teilnehmerzahl in diesem Jahr, von "mehreren Tausend" verallgemeinert, bis 7.500 (padeluun) und keinerlei Angaben seitens der Polizei (Berliner Morgenpost vom 12.09.2010), beruht u.a., so wird spekuliert, auf eine nur scheinbar liberalere und bürgerfreundliche Handhabung der Bürgerrechts- und Datenschutzproblematik durch den neuen Amtsinhaber des Innen-Ministeriums Thomas de Maizière und der als "Zensursula" profilierten Ex-Familienministerin Ursula von der Leyen, mit ihrem geschmeidigen und gefälligen Habitus. 

Demonstration "Freiheit statt Angst", Berlin 11.09.2010; Foto: rds2010Padeluun warnte davor, dies als einen neuen Kurs der Regierungsparteien zu werten, denn die alten Gesetze, Verordnungen und Gesetzesvorhaben bleiben weiter hinter einer freundlichen Maske wirksam oder werden weiterverfolgt. Es gibt keinen Grund, sich im vermeintlichen Erfolg bequem zurück zu lehnen, weil das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 2. März 2010 die §§ 113a und 113b des Telekommunikationsgesetzes -die sog. Vorratsdatenspeicherung- für nichtig erklärt hat, oder ein personifiziertes, klares Feindbild, wie der kantige Wolfgang Schäuble es darstellte, abhanden gekommen ist.

"Niemand hat die Absicht, einen Überwachungsstaat zu errichten!"

Demonstration "Freiheit statt Angst" , Berlin 11.09.2010; Foto:  rds2010ELENA, die Steuer-ID, die mehr ist als nur ein statistisches "Individualblättchen" [2] -wird hier der Nettoertragswert einer Person für den Staat, eine lebenslange Steuerertragsbilanz von Geburt an bis zwanzig Jahre nach dem Hinscheiden (!) geführt und ausgewertet ?- die "Volkszählung" 2011 [3], usw., bleiben auf der Tagesordnung. Der im Beschluß des Bundesverfassungsgerichts von 1969 so bezeichnete 'Innenraum', der um der freien und selbstverantwortlichen Entfaltung seiner Persönlichkeit willen jedem einzelnen Bürger verbleiben muß, in dem er sich selbst besitzt und in den er sich zurückziehen kann, zu dem die Umwelt keinen Zutritt hat, in dem man in Ruhe gelassen wird und ein Recht auf Einsamkeit genießt [4], bleibt fragil, bedroht und von vielen Seiten nicht anerkannt. Heute mehr denn je und vielfältiger als damals. 

Demonstration "Freiheit statt Angst", Berlin 11.09.2010; Foto:rds2010Die privatwirtschaftlich organisierten Informationsbeschaffungen und Datenansammlungen bleiben weiterhin mehr als nur ein Ärgernis. Aktuelles Thema hier und auch im Demonstrationszug versinnbildlicht: Google Street View. Der Jurist Dr. Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung machte daher in seiner Abschlußrede deutlich: "Der Einsatz verbrecherischer Mittel wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass er durch eine gewählte Regierung ausgeführt wird!"

Demonstration "Freiheit statt Angst", Berlin 11.09.2010; Foto: rds2010Das Zurückgehen der Teilnehmerzahl ist auch nicht auf mangelnde Professionalität und Ausdauer der Protestler zurück zu führen, mag es auch Leute geben, die jeglichen angebrachten oder unangebrachten Protest als Brotwerwerb und/oder Lebensauffassung betrachten. Der Hinweis padeluuns, sich am lautstarken und nachhaltigen Auftreten der Atomkraftgegner ein Beispiel zu nehmen, von ihrer 'Demonstrationskultur' zu lernen, verfängt nicht und hinterläßt nur Unverständnis und Kopfschütteln. Wohl vermag die von Seiten der Politik und der Medien ganz in den Vordergrund gestellte Aktualität des Themas Atomkraft und die angekündigte Großdemonstration, nur eine Woche später am 18. September dieses Jahres, ebenfalls in Berlin-Mitte geplant, die Bürgerrechts- und Datenschützer ein wenig in diesen Schatten gerückt haben.

Demonstration "Freiheit statt Angst",  Berlin 11.09.2010;  Foto: rds2010rds 15.09.2010


ANMERKUNGEN:

[1] FoeBud e.V. - Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs.

[2] Götz Aly/ Karl Heinz Roth, Die restlose Erfassung, Volkszählen, Identifizieren, Aussondern im Nationalsozialismus, Rotbuch Verlag, Berlin 1984; Überarbeitete Neuausgabe, Fischer Taschenbuch Verlag, 2 Auflage: November 2005, S. 77

[3] "Nach Angaben eines Regierungsmitglieds soll die Volkszählung 750 Millionen Euro kosten und das dürfte noch viel zu gering bemessen sein." Eva Dworschak, Bremer Rechtsanwältin, die u.a. im Namen des FoeBuD e.V. und des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung Verfassungsbeschwerde gegen die Volkszählung beim BVG eingereicht hat; in: konkret, Heft 9/10, S. 3

[4] Jürgen Simon, Die erfaßte Persönlichkeit, in: Die Volkszählung, Herausgegeben von Jürgen Taeger, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbeck bei Hamburg, April 1983, S. 139




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"Gemischtwarenladen mit Revolutionsbedarf" im alten SO36, Berlin-Kreuzberg; Foto: 2009rds"Gemischtwarenladen mit Revolutionsbedarf" im alten SO36, Berlin-Kreuzberg


G E M I S C H T W A R E N L A D E N   mit  R E V O L U T I O N S B E D A R F 


Nun also eine neue Regierung.

Tiger-Ente statt rot-rot-grüner Drache. Klar ist, wem eine Zeit des politischen Ramadans bevorsteht. Über vier lange, karge Jahre hinweg. Nur eine strenge Fastenzeit und ein konsequenter Austausch der Vorbeter versprechen eine tiefgehende Läuterung. Die sozialdemokratischen Vorbeter haben zu lange das Haupt in die falsche Richtung geneigt. Die Gläubigen der Partei haben ihr abgeschworen. Aus der stolzen Parteizentrale am Halleschen Tor ist ein Gemischtwarenladen mit Revolutionsbedarf geworden.

Dass auch Zwerge lange Schatten werfen, wenn die Sonne tief steht, ist ein bekanntes Bonmot. Wie anders ist das "Bläh-Wunder" der FDP sonst zu erklären? Die von Guido Westerwelle gefühlte und als ungerecht und voreilig in der 'Berliner Runde' von ARD und ZDF bekundete "Verteufelung" seiner Person mag gerechtfertigt sein. Aber wer während und nach der noch gar nicht ausgestandenen Finanzkrise nach der FDP als Brandmeister lautstark ruft, befürwortet auch eine soziale Brandrodung, die am Horizont drohend herauf ziehen wird.

Nun mag Guido doch als Außenminister in allen gängigen Weltsprachen Rauchzeichen in den Äther blasen, gleichwohl bewahrheitet sich da doch ein Satz des ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagen, wonach Regierungen nicht die Lösung, sondern das Problem sind. Noch aber steht eine neue Regierung nicht, die neue Koalition in einer Wiederauflage von 1982/83. Noch sind alte/neue Minister nicht benannt, bekannt und vereidigt. Was wird das für eine Regierung sein? Wen vertritt sie? Die "bürgerliche Mitte"? Was soll das sein, und wer gehört dazu? Auffällig früh und wiederholt beschwor Angela Merkel die Kanzlerin aller Deutschen sein zu wollen, auch von denjenigen, die ihr nicht ihre Stimme gaben. Ahnt sie, daß es ihr mit einer überbewerteten FDP zukünftig keinesfalls leichter fallen wird, den Spagat zwischen "Kümmerexistenzen" an den Randzonen der Gesellschaft und dem Exklusivitätsverhalten der "Besserverdienenden" in der sogenannten "bürgerlichen Mitte" auszuhalten?

Wir werden nicht nur die Akteure und Zeitzeugen der Rückkehr der Polarisierung zwischen den Parteien (und ihren Blockverortungen) sein, sondern auch -und das vor allen Dingen, weil brandgefährlicher- eine alte, längst überwunden geglaubte Frontstellung innerhalb der Gesellschaft wieder erleben.

28.09.2009rds

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"Das Gedächtnis wird zudem immer stärker durchformt von den Instrumenten und Möglichkeiten der Medien. Erinnert wird, was medial präsentabel ist, es vollzieht sich eine Massenmedialisierung von Erinnerung. Erinnerung findet als 'Event' statt, als ein 'Erlebnis Geschichte'."[1]

Deutschland stolpert in die Volljährigkeit. 3. Oktober 2008, 18 Jahre "Wiedervereinigungs-Fest" in Hamburg.

"Die Volkskammer beschloß am 23. Juli den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland zum 3. Oktober 1990." [2] Da haben wir nun unseren nationalstaatlichen, stattlichen Feiertag, den TAG DER DEUTSCHEN EINHEIT. Und somit nur eine erneute Wiederkehr, die lähmende Wiederholung einer reinen Pflichtveranstaltung? Kommt von daher die relativ verhaltene und mäßige Feierlaune und Festtagsstimmung, abgesehen von dem garantierten Überschwang der allgegenwärtigen professionellen Stimmmungsmacher und Einpeitscher? Festtagstimmung ist in Deutschland nur dem 24. Dezember vorbehalten: Weihnachten. Da gibt es Geschenke. Die DEUTSCHE EINHEIT ist ..., ja was?

Gibt es denn nicht allen Grund, auf das Erreichte und Geleistete stolz zu sein? "Die Einigung 1990 bildete eine tiefe Zäsur nicht nur in der politischen Geschichte Deutschlands, sondern auch in der Wirtschafts- und Sozialpolitik."[3] Liegt nicht eine achtzehnjährige Erfolgsstory hinter uns, die Einheit, deren sozialpolitische Absicherung notwendig und eine organisatorische Meisterleistung war? Oder haben wir, viele von uns, die Wiedervereinigung bereits am Notnagel der Geschichte aufgehängt? Und da hängt sie nun wie ein abgetragener Paletot, den keiner mehr will, zwischen zwielichtigen Gesellen in einer verrauchten Kellerkneipe im einst tiefroten Berliner Wedding?

Kann man denn die deutsche Einigung -die Hoffnung darauf wurde von Willy Brandt einst als die "Lebenslüge der zweiten Deutschen Republik" bezeichnet [4], unter einer "ungewöhnlich günstigen weltpolitischen Konstellation" [5] fand sie dann dennoch statt- für sich persönlich als eine Gewinn- und Verlustrechnung aufmachen? Erinnert sich noch jemand an den berühmten Ausspruch der Bürgerechtlerin Bärbel Bohley: "Wir haben Gerechtigkeit erwartet und den Rechtsstaat bekommen."? [6] Den Rechtsstaat haben wir. Und Juristen, die in trocken-juristischer Prosa Ausführungen zur "Selbstbehauptung des Rechtsstaates" machen und damit als erklärte Vordenker des amtierenden Innenministers fungieren.[7]

Konnte man zur "Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands", so sie dann plötzlich vor der Tür stand, überhaupt noch Nein sagen? [8] Jürgen Habermas warb für die Öffnung dieser optionalen Fragestellung damals. Im grauen Ascheregen von Wahrheiten und Halbwahrheiten, Verdrängungen, historischen Zeugnissen und Bezeugungen aus dem Blickwinkel der eigenen Ideologie und Betroffenheit und der Unbestechlichkeit unmanipulierter, nackter Zahlen heraus, erstarb die zunächst freigesetzte Empathie für die keinesfalls neue, aber erweiterte Republik bei vielen Bürgern im Westen, und mehr im Osten, langsam, aber stetig.

Berlin - Abriss Palast der Republik - Foto:2007rdsWorin liegen die Gründe noch? Sicher nicht allein darin, "dass Ostdeutschland in erheblichem Umfang 'westdeutsch kapitalisiert' wurde" [9] und "Der Osten Deutschlands (...) für die Unternehmen im Westen in erster Linie Absatzmarkt und nicht Produktionsstandort (war)" [10] ; noch dass schließlich "Das vereinte Deutschland (...) materialistischer ausgerichtet (ist) als die alte Bundesrepublik" [11] und "Die Einigung (...) die Standortbedingungen der deutschen Wirtschaft verschlechtert (hat)" [12]. Auch eine einzige, gewaltige Zahl vermag allen Unmut oder allen Stolz nicht in Gänze auszudrücken: 1,8 Billionen DM! Das ist die Summe der Transferzahlungen von West nach Ost zwischen 1990 und 2000. [13]

Wie (und wohin) verorten sich die Deutschen mit ihrer Staatsbürgerschaft, in ihrer staatlichen Identität heute, achtzehn Jahre nach Vollzug der Einheit? Gibt es noch "die Ostdeutschen", die sich vermeintlich weiterhin im Status "Deutscher zweiter Klasse" zu sein gefangen fühlen und wo ist der westdeutsche Vetter, der naseweise "Besserwessi" mit seiner gönnerhaften Großspurigkeit noch zu finden? Und welches Gebilde steht da als nationalstaatliche Heimstatt überhaupt zur Verfügung? Alles ist in Bewegung und verändert sich. Ist es der in eine schwere Strukturkrise geratene deutsche Sozialstaat oder der deutsche Nationalstaat, der "unter den Bedingungen eines weltweiten Wettbewerbs um Anlage-und Investitionsmöglichkeiten ein 'Territoriumsunternehmer' geworden (ist), ein Anbieter eines vornehmlich räumlich bestimmten Produkts?" [14] Oder müssen wir uns mit dem Leitbild eines "Gewährleistungsstaates" anfreunden, der in Kooperation mit vielfältigen nichtstaatlichen Akteuren steht, der aber weiterhin eine Gewährleistungsverantwortung für die Gemeinwohlverträglichkeit für die auf dieser Art erledigten Aufgaben, z.B. die bedarfsdeckende Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen, trägt? Dem Rollen- bzw. Funktionswandel von Staaten ist auch die Bundesrepublik unterworfen. [15] Vor dem Hintergrund der virulenten Finanzkrise und der Spekulation über den Tod des Turbokapitalismus, wird auch von der Wiederkehr des "starken Staates" gesprochen und der durch die Finanzkrise ausgelösten Veränderung im Verhältnis vom Bürger zum Staat.

"Eventobjekt der Geschichte"? - Ehem. DDR-Grenzwachturm an der Berliner Mauer, dem "antifaschistischen Schutzwall", nahe des Potsdamer Platzes - Foto:2007rdsSo ist die Frage nach diesen speziellen innerdeutschen Befindlichkeiten, ja sind diese Befindlichkeiten selbst sekundär geworden. Sie sind vom Sog der ökonomischen Globalisierung verschlungen und im Prozeß der Europäisierung allenfalls noch als ein Randthema schwach wahrnehmbar. Sie bleiben als eines der wenigen Aufmerksamkeitsfelder bestehen, die überwiegend innenpolitisch zu lösen und ins Gleichgewicht zu bringen und zu halten sind. Der Prozeß der deutschen Einigung als eine emotionale Umwälzung epochalen Ausmaßes in den Köpfen und Herzen der Menschen ist weder abgeschlossen, noch wird er es in näherer Zukunft sein. Die Vereinigung und ihre Folgen taugen nicht zu einem "Festival der Selbstbestätigung" der politischen Klasse der alten Bundesrepublik, denn: "Die staatliche Einheit Deutschlands wieder herzustellen war in der Bundesrepublik ein Verfassungsgebot und ein Pflichttopos der politischen Feiertagsrhetorik, doch keine Orientierungmarke praktischer Politik." [16]

Die Argumente dafür oder dagegen, daß dem 3. Oktober ein ähnliches Schicksal zuteil wird wie seinem Vorgänger, dem (westdeutschen) Gedenkfeiertag zum 17. Juni (ein ostdeutsches Ereignis 1953), zu einem x-beliebigen, unpolitischen, arbeitsfreien Tag in der Reihe der Feiertage im Kalenderjahr herabzusinken, scheinen gleichmäßig verteilt zu sein. Ein reines, staatlich gesponsertes, fröhliches Bier-Bratwurst-Fest, eine willkommene Gelegenheit, die Grillsaison noch mal um einen geschenkten Tag zu verlängern, kommt der gewandelten und entromantisierten Innerlichkeit der Deutschen von heute sicher eher entgegen, als getragene Staatsakte nach unseligen Vorbildern.

Der 3. Oktober kränkelt aber als Nationalfeiertag der Deutschen an seinem kurzen zeithistorischen Horizont. Er schließt die deutsche Geschichte vor 1945 bzw. 1949 zwar nicht aus, die gezielte Erinnerung an die Wiedervereinigung 1990 macht ihn zu einem Feiertag einer nur kurzen, überschaubaren Generationenfolge. Ihr wird dieser umwälzende Geschichtsabschnitt eingeprägt bleiben.

August Heinrich Hoffmann v. Fallersleben (1798-1874) schrieb 1841 das "Lied der Deutschen" - Gedenktafel am Nieders. Landtag, Hannover; Foto: 2008rdsDer 9. November steht im Gegensatz dazu fest wie ein Jahrhundertkapitel über den Köpfen der Deutschen in ihrer immer wieder über die Jahrzehnte hinweg gewandelten, jeweils gewählten, erduldeten, erlittenen, mitgetragenen, offen oder untergründig bekämpften oder verratenen, lebensbedrohlichen Staatlichkeit. Mit den Formen und Inhalten der Staatlichkeit wechseln auch die nationalen Feiertage und die Auffassungen darüber, was sie sind und was sie leisten sollen. Sie sind, zumindest bis auf ganz wenige, keine historischen Monolithen.

rds


ANMERKUNGEN:

[1] Edgar Wolfrum, Die geglückte Demokratie, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, bpb Bonn 2007, S.498

[2] Ebd. S.447

[3] Gerhard A. Ritter, Der Preis der deutschen Einheit, Die Wiedervereinigung und die Krise des Sozialstaats, C.H. Beck Verlag, München 2006, Sonderausgabe 2007, S.13

[4] Heinrich August Winkler, Der lange Weg nach Westen II, Deutsche Geschichte 1933 - 1990, bpb Bonn 2005, S.471

[5] Ritter, S.55

[6] Ebd. S.82

[7] Otto Depenheuer, Selbstbehauptung des Rechtsstaates, Schoeningh Verlag, Paderborn 2007

[8] Winkler, S.563

[9] Ritter, S.135

[10] Ebd. S.313

[11] Ebd. S.153

[12] Ebd. S.15

[13] "Die Transferzahlungen von West nach Ost zwischen 1990 und 2000 beliefen sich auf rund 1,8 Billionen DM, und im Rahmen des 2001 verabschiedeten Solidarpakts II sollen zwischen 2005 und 2020 weitere 150 Mrd. Euro überwiesen werden." Wolfrum, S.472/473

[14] Stephan Lessenich, Frank Nullmeier, Deutschland zwischen Einheit und Spaltung, in: S. Lessenich/F. Nullmeier, Deutschland - Eine gespaltene Gesellschaft, bpb Bonn 2006, S.20

[15] Gunnar Folke Schuppert, Der Staat bekommt Gesellschaft, WZB-Mitteilungen, Heft 121, September 2008, S.15-17

[16] Wolf Lepenies, Kultur und Politik, Deutsche Geschichten, bpb Bonn 2006, S.402




>>>Auch Bayern hat jetzt endlich Anschluß an die Bundesrepublik Deutschland gefunden! Die CSU hat keine absolute Mehrheit mehr. Die politische und kulturelle Hegemonie der CSU ist gebrochen.<<<


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A B S C H U S S


"Das Grundgesetz ist für den Schulunterricht, die Wirklichkeit - leider, leider - ist ganz anders."                                                       Wilhelm von Sternburg [1]


Nun wissen wir es ganz genau, oder ein jeder als potentieller Fluggast unterwegs im deutschen Luftraum sollte wissen was ihm als Passagier und unfreiwillig zur Geisel gemacht in einer von vermutlichen Terroristen gekaperten Maschine drohen kann: der Abschuss, steuermitfinanziert.

Was für ein Heldentod, aufgenötigt durch die als staatstragende Verantwortlichkeit verkleidete Menschenverachtung eines Herrn Dr. jur. Franz Josef Jung von einer christlichen Partei in Deutschland. Mit der Deklaration eines "aussergesetzlichen Notstandes" reklamiert der hart an der Grenze zur Unzurechnungsfähigkeit und das Recht beugende Verteidigungsminister im Fall des Falles die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über das Leben praktisch eines jeden Bürgers für sich im Amt.

Eine Killerlotterie wird da theoretisch durchgespielt, bei der die vermeintlich kleinere Zahl an einkalkulierten Opfern mit einer mutmasslich größeren Anzahl an möglichen Opfern verrechnet wird. Wer ist oder gebärdet sich hier eigentlich noch verrückter und schlägt der eine den anderen bei der Erzeugung eines Klimas aus Hysterie, Unsicherheit und Angst in der Bundesrepublik: der Verteidigungsminister den Innenminister, der diesem ungeheuerlichen Ansinnen zustimmt, oder ist es in dieser unseligen Bruderschaft eher noch umgekehrt? Letzterer ist als Oberkommandierender an der Heimatfront neuerdings von der Erkenntnis durchdrungen, Terroristen planten einen atomaren Schlag. Das er kommt, der nächste Anschlag, ist gewiß, allenfalls der Zeitpunkt ist ungewiss. Wir sind alle gefährdet und vom Epochengefühl terroristischer Bedrohung verwirrt und anfällig geworden für Schreckensbotschaften. Was ist also dieses Ministers heimlichstes Sehnen?

Eine Gesellschaft, in der die stetige Überforderung als das neue, zeitgemäße Herrschaftsprinzip nachhaltig wirkt [2], durch immer neue Schreckensszenarien und "Erkenntnisse" soweit zu hysterisieren, dass sie für den Preis einer wagen und brüchigen Sicherheit zur Aufgabe aller bürgerlichen Freiheiten bereit ist? Dazu bedarf es nur noch eines genügend schwerwiegenden Anlasses und das Recht ist wieder mit der Macht und ganz eine reine Funktion der Macht. Das Bundesverfassungsgericht anvanciert zum 'Club der toten Richter'.

rds

ANMERKUNGEN:

[1] Das Grundgesetz zu Tode schützen, Wilhelm von Sternburg in: Freitag, Die Ost-West-Wochenzeitung, 27/28 vom 06.07.2007

[2] "In der aufgezwungenen Suche nach biographischen Lösungen für gesellschaftlich erzeugte Probleme avancieren Elastizität, Mobilität, Kreativität und Fitness zu neuen ideologischen Leitwerten. Da man nie sicher sein kann, ob sich Erwartungen ändern oder diese widerrufen werden, bevor ihnen entsprochen werden konnte, darf man nicht zur Ruhe kommen. Der Einzelne muss sich dauernd ändern und fortwährend auf weitere Änderungen gefasst sein; das neue Prinzip der Herrschaft ist weniger die Unterdrückung als die stetige Überforderung." Thomas Alkemeyer, Aufrecht und biegsam. Eine politische Geschichte des Körperkults, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 18/2007, 30. April 2007, S. 17/18


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A N G S T I N D E X

Bedürfnisbeschränkung wird propagiert und ist nicht mehr länger eine nur rein philosophisch begründete und gepflegte Tugend, deren Ausführung und Verwirklichung dem Kreis einiger selbstattribuierter Auserwählter vorbehalten bleibt, sondern ist offenbarer denn je zum Kern einer für alle gegenwartsnotwendigen, harten Überlebensstrategie geworden. Entgegen einer gehuldigten, neu gewandeten Verzichtslogik ist die moderne Gegenwartsgesellschaft aber überzählig noch von den zügellosen Ansprüchen eines kallikleischen Menschen durchsetzt, der sein geheiligtes Bedürfnissklaventum als Ausdruck ausgelebter Freiheit (miß-)versteht und in immer erneuerbaren und gesteigerten Ansprüchen an die national wankelmütige und wagnisscheue, der EU verpflichteten Politik formuliert. Der ihr Unvermögen, diesen Ansprüchen aus Ressourcenmangel oder Trotz oder politischer Klugheit, sollte es die überhaupt noch geben, entsprechen zu können, ist Fakt. Die Essenz dieser Ansprüche gipfelt in der selbstgestellten Frage: Habe ich alle meine Möglichkeiten genutzt und verwirklicht (verwirklichen lassen)? Was auf eine progressive Anspruchsindividualisierung hinweist.

Aber Verzicht, Einschränkungen, Anspruchsbeschneidungen, die Rückführung auf nur notwendige und unverzichtbare Grundbedürfnisse und universelle Basissicherungen gelten beileibe nicht für alle. Und das angesichts der Auflösung der sozialen Sicherheit als das Grundversprechen und die Leitkategorie moderner, wohlfahrtsstaatlich formierter Gesellschaften. [1] Gehören die wortreichen und medienumspannenden Verzichtsappelle nicht schon selbst zum Grundrauschen der sozialen Verunsicherung? Und gab und gibt es da nicht weiterhin ungebrochen den "Separatismus der Wohlhabenden", der nicht nur innerhalb von Nationalstaaten die Abkoppelung der Reichtumsregionen von den Armutsregionen fördert und naturalisiert, sondern ausgeprägt ist auch in den Individuen durch die Zugehörigkeit zu besonders begünstigten, protegierten Klassen [2] mit ihrem Losgelöstsein von den Nöten und Ängsten der Mehrheitsbevölkerung?

"In Vielfalt geeint"

Welche Form von Staatsbürgertum fördert die Politik und macht sie zur Norm? Wen will sie, und wer ist Freund, wer Feind? [3] Wer ist ihr genehm? Wer wird ausgegrenzt? Genehm ist der hyperflexible, ganz selbstverantwortliche, eigeninitiative, europabegeisterte und dabei doch noch mit einer guten Portion von Nationalstolz angefüllte und Kinder zeugende Deutsche, der autonom und privat selbst vorsorgt. [4] Der aber identitätserfaßt ist in zahlreichen Datenbanken [5], durchschaubar gemacht und rundherum überwacht wird [6] und dem das Deutsch sein allenfalls verbleibt als eine letzthin doch zu überwindende Regionalidentität, als eine Fußnote im Prozeß hin zu der Großeuropäischen Premiumbürgerschaft. Dem kommt entgegen, daß aus Entsetzen über die epochalen Verbrechen und Unmenschlichkeiten, die eine unauslöschliche negative Markierung in der Zivilisationsgeschichte der Menschheit und im Selbstverständnis der Deutschen hinterlassen hat, die doch "mit der Gnade der späten Geburt" 'entlasteten' Nachkommen aus der so schwer beschädigten und stigmatisierten Nationalexistenz freiwillig fliehen. Um die Bürde des Deutschtums abzuschütteln (Tony Judt, Die Geschichte Europas seit dem Zweiten Weltkrieg, 2006) und das undankbare, voller Rechtfertigungen und stillem Büßertum angefüllte Dasein als solchem zu entgehen, stellt sich das zügige Aufgehen in der Europäischen Union als ein praktikabler und gangbarer Rettungsweg dar, heraus aus der untilgbaren, ererbten Schuldverstrickung. Diese wird begleitet von der exzessiven Übernahme fremdsprachlicher Idiome, vorzugsweise die Übernahme und Erfindung von Anglizismen in der Umgangssprache, das bewußte Vernachlässigen des Deutschen als Wissenschaftssprache, einem untergründig Geduckten und Kontrollhaften in den emotionalen Äußerungen, das sich nur umkehrt und als Patriotismus [7] erkennbar wird, wenn es entschuldigt oder durch herausragende äußere Anlässe - wie z.B. die Fußball-WM im eigenen Land und im Kleinmaßstab die nachfolgende Handball-WM - begründet werden kann, sowie dem gängigen und beflissenen Nachäffen und Kopieren fremder Kulturidentitäten und fremden Brauchtums. Sie wirken wie ein Tarn- und Schutzanzug gegenüber dem eigenen belasteten Ego in dem nach Bedarf hineingeschlüpft werden kann. Aus ihm heraus läßt sich das Archaische der eigenen neuerdings zelebrierten Opferrolle ertragen. Im Angstindex eines gewöhnlichen Deutschen ist immer noch reichlich Ballast aus der Vergangenheit verzeichnet, der von den gegenwärtigen Herausforderungen nur provisorisch überdeckt und auch im Wechsel der Generationen nicht zum völligen Verschwinden gebracht wird. 

Wird sich im Übergang hin zur Ausbildung einer tiefen europäischen Identität, die sich nicht nur im Besitz eines gültigen EU-Reisepasses und einer gemeinsamen Währung erschöpft, die vergleichsweise marginale, kurzzeitige Nationalstaatserfahrung der Deutschen, die nur in wenigen Generationen gelebt, gepflegt und daher kaum gefestigt werden konnte, als besonders förderlicher Umstand für ein Zusammenleben und Aufgehen im Gemeinschaftshaus EUROPA erweisen, oder als ein unerkanntes oder unbedachtes Hindernis, als eine spezielle, noch nicht diagnostizierte, deutsche Krankheit? So wie jemand im fortgeschrittenen Alter plötzlich seine unausgelebte Jugend entdeckt und beklagt, wie einen Verlust empfindet und darüber zum Nörgler wird.

Schon früh und vehement haben sich (west-)deutsche Politiker für die europäische Vereinigung, für den 'europäischen Gedanken' in die Bresche geschlagen. Aufklärung und Aufarbeitung, Trauer, ebenso wie das Unvermögen zu trauern,  und die Scham über die begangenen Verbrechen während der nationalsozialistischen Diktatur, aber auch das trotzige Bekenntnis -"es war nicht alles schlecht"- und verschleppte oder schlicht verweigerte Schuldeingeständnisse und Wiedergutmachungen, schlossen eine Hinwendung zu Europa, das Ziel, dereinst in einem vereinten Europa aufzugehen, nicht aus. Eher war das Gefühl vorherrschend, aus einer dunklen Vergangenheit über Europa und durch Europa in eine neue, unbelastete, lichte und sichere Zukunft blicken zu können. Über die bestehende deutsche Teilung hinaus, deren Aufhebung in weiter, historischer Ferne lag, war die anzustrebende Vereinigung Europas ein verlockerendes, weil vernünftigeres Ziel.

Die junge Bundesrepublik, Westdeutschland, war das Produkt der westlichen Siegermächte und einer geläuterten, scheinbar unbelasteten, vorausschauenden und dem 'verführten deutschen Volk' zutiefst mißtrauenden Honoratiorenriege im Parlamentarischen Rat. Das Mißtrauen ist geblieben, auch noch nach jetzt bald sechzig Jahren. Das Mißtrauen ist so groß, das die Europäische Verfassung ("In Vielfalt geeint" - lautet der Leitspruch der Union) den deutschen Wählern nicht zur Abstimmung vorgelegt worden ist, wo doch der Verfassungsvertrag als Grundzug die Doppelnatur der EU als Bürgerunion und Staatenunion hervorhebt. Das alte, patriarchaliche Vormundschaftsdenken scheint unzerstörbar zu sein und wie ein resistenter Virus in die Köpfe jeder deutschen Politikergeneration überzuspringen.

Wachsende EU - neues Mitglied Polen; Wroclaw (Breslau); Foto: 2005rdsDie Europa-Euphorie war - und sie ist es auch vornehmlich jetzt noch - ein emotional überschwänglicher Zustand der politischen Elite, nicht nur in Deutschland, während sich im Volk ein 'Katzenjammer', der nun schon als neues Nationalmerkmal empfunden wird [8], beginnt breit zu machen. Dieser Katzenjammer resultiert aus der 'Wiedervereinigung', die alle Gegensätze eher verstärkt, als minimiert oder gar aufgehoben hat. In der Kurzformel heißt dies: vereint, aber noch nicht eins. Im nationalen Binnenraum von Volk und Politik untereinander zerstritten, also allenfalls in der Gegnerschaft und im bekennenden Streit vereint, wuchert östlich ein schimmliges Zonenfeeling, während westlich die Westdeutschen nichts so sehr geeint hat wie der Beitritt der Ostdeutschen (Thomas Ahbe, Aus Politik und Zeitgeschichte, Jg. 54, 2004). So muß paradoxerweise parallel zum Transformationprozeß in die Übernationalstaatlichkeit dem Prozeß der zähen und schwierigen 'inneren Einheit' mindestens die gleiche Aufmerksamkeit zuteil werden. Er ist grundlegend für eine gelingende Integration Deutschlands als Ganzes in die Europäische Union und nicht nur einzelner, prosperierender, zumeist westlicher und weniger östlicher Bundesländer. Ohne die Selbstfindung der Deutschen und ihrer umfassenden Selbstbefriedung innerhalb, bleibt Europa auf Dauer nur eine 'Zweite Wahl'.


ANMERKUNGEN:

[1] Berthold Vogel, Sicher - Prekär, in: S. Lessenich/F. Nullmeier, Deutschland - Eine gespaltene Gesellschaft; bpb Schriftenreihe Band 572, Bonn 2006, S. 74

[2] "Die von den Medien zunehmend konstatierte 'Wiederkehr der Klassengesellschaft' findet auch in den Köpfen der Eliten statt. Ihre Bereitschaft, die eigenen Interessen deutlich rücksichtsloser als noch in der alten Bundesrepublik gegen die breite Bevölkerung durchzusetzen, nimmt unübersehbar zu. Die horrenden Einkommenssteigerungen der Topmanager bei gleichzeitigem massivem Abbau von Arbeitsplätzen sind nur ein Anzeichen dieser Entwicklung."

Michael Hartmann, Elite - Masse, in: S. Lessenich/F. Nullmeier, Bonn 2006, S. 207

[3] Alexander Schuller, Der Feind ist der freie Bürger - Wo stehen wir? Zur Beschaffenheit unserer Demokratie, in: Deutschlandradio Kultur, Politisches Feuilleton v. 20.03.2007

[4] Frauen sollen in diesem Sinne zur verstärkten Gebärtätigkeit animiert und mobilisiert werden. Insbesondere die Akademikerinnen unter ihnen, weil es "...zählt interessanterweise nicht jedes (Unter-oder Mittelschichts-)Kind gleichermaßen, sondern die familien- und bevölkerungspolitische Aktivierungsoffensive zielt insbesondere ins Herz jener homogamen Akademiker- und Akademikerinnenhaushalte, die sich in Sachen Familiengründung bislang arg (und offenbar zunehmend) unbeweglich zeigen.

Stephan Lessenich, Beweglich - Unbeweglich, in: S. Lessenich/F. Nullmeier, Bonn 2006, S. 341

Das heutzutage -wie der Anstieg der Geburtenziffer nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aus einer Kombination von "Optimismus und kostenloser Milch" (Tony Judt, 2006) erklärbar schien - dies nicht mehr hinreichend und motivierend genug sein würde, hat wohl auch Frau Ursula von der Leyen erkannt. ;-)

[5] Von der Antiterror-Gesetzgebung zur Anti-Terror-Datei, c't Meldung v. 28.02.2007, Heise-Online

Stichwort: "digitale Volkserfassung" - Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), Dr. Thilo Weichert v. 12.04.2007

[6] Die 'staatliche Schutzzone' polarisiert sich m.E. in zwei Bereiche: in den Fürsorgebereich und in den Sicherheitsbereich. Aus dem Fürsorgebereich soll sich der versorgungsverwöhnte Bürger zurückziehen, denn die Auflösung, allenfalls mit dem Verbleib rudimentärer Reste, droht. Dafür soll er sich aber im Sicherheitsbereich den nimmersatten und maßlosen Sicherheitsanforderungen des Bundesministers Wolfgang Schäuble ("Minister Dr. Wolfgang Maßlos") bedingungs- und widerspruchslos ganz überantworten.

[7] Wie schrieb einst Heinrich Heine noch ganz gegenteilig am Beginn des nationalistischen Zeitalters: "...der Patriotismus des Deutschen hingegen besteht darin daß sein Herz enger wird, daß es sich zusammenzieht wie Leder in der Kälte, daß er das Fremdländische haßt, daß er nicht mehr Weltbürger, nicht mehr Europäer, sondern nur ein enger Deutscher sein will." 

[8] Karl-Siegbert Rehberg, Ost - West, in: S. Lessenich/F. Nullmeier, Bonn 2006, S. 211



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"Gegen die ebenfalls geplante Vorratsdatenspeicherung aller Telefon-, E-mail- und Internetverbindungsdaten wollen 10.000 Menschen Verfassungsbeschwerde einlegen. Stimmt Sie das nicht nachdenklich?"

"So etwas regt mich nicht mehr auf."

Bundesminister des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble in einem Interview mit der taz am 08.02.2007

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Schönwetter für die Retter


Schönes Wetter heute. Und warm. Immer wärmer werdend. Bald über dreißig Grad. Endlich! Und die Weltmeisterschaft der Fußballer: "FIFA FUSSBALL-WELTMEISTERSCHAFT DEUTSCHLAND 2006" TM.

Warum streiken die Müllwerker nicht jetzt? An allen Tagen keine Müllabfuhr! Das wäre effektiv! Unter ihnen befinden sich keine Akademiker. Oder sage ich besser: kaum, kaum. Akademiker streiken jetzt. Ärzte zum Beispiel. Viele Ärzte in den Universitätskliniken. Zur Stunde sogar verschärft!! Und in Kürze wohl auch in den kommunalen Krankenhäusern. Warum jetzt also nicht auch die Müllwerker?

Die Müllwerker haben schon bekommen, was sie wollen -oder verdienen. Was für ein Glück! Die Ärzte in den Kliniken nicht. Sie verdienen noch nicht, was sie wollen. Notrettungsmaßnahmen sind gewährleistet, heißt es. Für alle. Kein Spieler, Sponsor oder sonstiger VIP aus dem näheren Dunstkreis der FIFA FUSSBALL ... usw., usw. muß also um sich und seine Gesundheit und die seiner Liebsten fürchten. Ja, es stehen sogar ausgewiesene Kliniken speziell nur für sie bereit. Stand by der streikenden Ärzte für die VIPs. Was für eine überschäumende verbale Attacke würden wohl die Verbände der Ärzte reiten, wohl von organisierter Verantwortungslosigkeit  reden und  Patientenwohl beschwören, was zuförderst Eigenwohl meint, würden andere, nicht gerade nach Anzahl und Aufgaben unwichtige Gesundheitsdienstleister, zum Beispiel Krankenschwestern und Krankenpfleger, nur annähern nach demselben Vorbild agieren?

Weniger Müll zu produzieren, Müllvermeidung generell ist die richtige Strategie. Sollte nicht verstärkt auch wieder über eigene, ganz persönliche Strategien der Krankheitsvermeidung und der gesundheitlichen Gleichgewichtserhaltung, und das nicht erst nach der WM, nachgedacht werden? Der mit der aktuellsten, druckfrischen Ausgabe des Pschyrembel gewappnete Deutsche, oder mit dem 80.000 Stichworte umfassenden Springer Lexikon Medizin, oder mit den gesammelten Jahrgängen der am meisten gelesenen deutschen Zeitschrift, der Apotheken Umschau, oder doch nur lieber mit dem guten, alten und abgegriffenen "Hausarzt" aus Omas Büchervermächtnis ausgestattet, übt sich in einer völlig neuen Art der Streikbewegung: dem Patientenstreik.

Die Idee der Baumärkte, mit ihren phantastischen und umfassenden Angeboten zum Heimwerken, nur halbwegs übertragen in eine durchrationalisierte Form der Eigendiagnostik und Selbstmedikation, brächte Frau Gesundheitsministerin Ulla Schmidts Augen zum Leuchten und die so einiger Verbandsärzte kaum zu wohlgefälligem Blinzeln. In diesem Volk der Haus- und Heimwerker müßte doch wenigstens die orthopädische und chirurgische Selbsthilfe und Erstversorgung bei klein- und mittelschweren Unfällen und Unpäßlichkeiten Zuspruch finden. Schließlich erspart die Axt im Hause auch den Zimmermann. Oder? 

rds

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MUSTERBÖGEN

Quantitäten machen einander den Raum streitig, Qualitäten ergänzen einander.

                                                                                 Dietrich Bonhoeffer

Kann man vor dem Hintergrund einer zunehmend verblassenden rotgrünen Matrix, auf der immer mehr sichtbar-unsichtbare, geheimnisvolle Schwarze Löcher entdeckt werden - nach der leidigen ukrainischen Visa-Affäre, die Affäre um den verschleppten deutschen Staatsbürger libanesischer Herkunft Khalid El-Masri, dann nun die angebliche, ominöse BND-Zuarbeit zu Gunsten  der im Irak kriegführenden USA, und der damit möglicherweise einhergehenden totalen Wählerverarschung samt der Offenbarung eines tragischen polit-moralischen Spaltungsirreseins - der ersten deutschen Bundeskanzlerin seit 1949 mehr attestieren als ihr Agieren und Taktieren nach dem Musterbogen zuläßt? Merkels Muster: Ich muß nicht nach draußen zum Spielen gehen, nur weil die Sonne scheint!

Der wachsende emotionale  Zuspruch zur Merkel'schen Politik und primär zur Person schöpft sich auch aus dem ansteigenden Widerwillen, der Enttäuschung, ja aus der ungläubigen, rezensierenden Erstarrung und Entrüstung gegenüber einem doch einst gehätscheltem Traumprojekt: Schröder-Rot, Fischer-Grün. Diese Zeit des Erwachens erweist sich nicht als die zögerliche, tastende Rückkehr zur Klarheit des Gegenwärtigen, sondern als die zaudernde, abwehrende Zurkenntnisnahme eines schauderlich verunglückten Generationenprojekts, die Wahrnehmung eines tragisch-komischen Selbstbetruges. Den Grünen droht die Wandlung von einer einst forschen Truppe der Machterhaltung zum trauernden Devotionalienverwalter: Fischers grüner Andenkenverwahrverein. Die Rücksichtnahme auf das notwendige Unverletzbarkeitsdogma des Denkmals Fischer, an dessem Pidestal kein grübelnder, Autorität anzweifelnder Pinscher je pinkeln soll und darf, schränkt die Grünen in ihrer einst so trefflich ausgeübten, aber schnell vergessenen und verlernten Rolle als Oppositionspartei ein. Sie werden in ihrer ungeliebten oppositionellen, verkrampften Pose solange noch ungelenk und in ihrer Glaubwürdigkeit  fragwürdig bleiben, solange ihre Mithaftung und Mitverantwortung für vergangene Regierungsentscheidungen unter Gerhard Schröder Bestand haben, und auf die bei jeder sich bietenden Gelegenheit verwiesen werden kann und werden wird. Und das Ganze ist und bleibt zu verantworten, und nicht nur der Teil, der von den eigenen Leuten auf den Weg gebracht und als das im Kern beständig Gute geadelt worden ist. 

Merkel ist schon Spitze. Zumindest in der aktuellen Beliebtheitsstatistik. Erstaunlich, wie schnell der Bonus des Amtes wirkt. Und seit dem 22. November 2005, dem Tag der Kanzlerwahl, sind noch lange keine 100 Tage vergangen. Wie leicht sind Ansichten, Meinungen, Stimmungen zu beeinflussen und umzudrehen, welcher Schreiber und Kommentator möchte nicht durch positive Kommentierung und zeitgerechter Setzung seiner Akzente die Nähe zur neuen Macht auf leisen Sohlen erschleichen? Giert man nicht dankbar nach verheißungsvollen Beschreibungen einer positiveren Zukunft, die schon verspielt zu sein schien? Nützt der Kanzlerin Merkel schon allein die Aussicht, ebenso 'wie es die Frauen ja schon sind', Fußballweltmeister im eigenen Land zu werden als allgemeine, scheinbar unpolitische Stimmungshausse?

Blick nach Westen: Tiergarten, 2005rdsMerkel auf Reisen. Antrittsbesuche. Washington, dann Moskau. Die Beziehungen zwischen Rußland und Deutschland sollen verbessert werden. Was soll nach der - im Privaten weiter wirkenden und sich auszahlenden Beziehung Schröder - Putin - in den Beziehungen zwischen Rußland und Deutschland verbessert werden? Bedingte die Wahl Merkels zur Kanzlerin da automatisch eine Verschlechterung? Nur schlechte Beziehungen sind verbesserungswürdig. Merkel spricht Russisch.

In der CDU geleiteten und dominierten großkoalitionären Bevölkerungspolitik soll der akademisch aufgewertete Uterus und Geburtskanal staatsgefördert und im Falle der erwünschten Trächtigkeit pekuniär entlohnt werden: Elitenförderung im Mutterleib kontra unerwünschter paupertärer Fruchtbarkeit. Weil Gleichheit ineffektiv ist, wenn Freiheit die Einen zur Massenvermehrung und die Anderen sich zur Verweigerung ihres schichtenspezifischen Geburtsbeitrages aus ökonomischen Gründen angeregt sehen. Mit dem Umfang des drohenden Verlustes eines doch erwarteten und erhofften allgemeinen lebensqualitativen Zugewinns steigt die Verweigerung. Soll denn nun auch dem Sperma nach formalisiertem höherem Bildungsdurchlauf  der akademische Qualitätsstempel hoheitlich aufgedrückt und damit besonders vermehrungswürdig werden? Nicht mehr vergeudet werden, in hohlen Händen austrocknen? Die Politik entdeckt die Familie; auch wie nett! Welche?

Unsere Regierung, unser selbst gewähltes Übel oder Wohl, ist mit einem flotten Austauschmotor ausgestattet und mit einer Neulackierung versehen worden und fährt uns Regierte in der Staatskarosse erst seit weit weniger als 100 Tagen durch die Unbilden und Chanchen der Zeit hindurch. Ein dummer Spruch besagt, daß Frauen die besseren, weil sichereren Autofahrer sind, aber schlechter einparken können. Frau Merkel parkt gerade nicht. Aber fährt mit neuem Motor auch nicht Vollgas. Das verhindert die Quantität der Zuladung des Bedienungspersonals und die Qualität der zurückzulegenden Strecke.

rds

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INNENKONSTITUTIV

Das soll meinen: Von innen her begründet und gegründet, selbst- und freistehend, ohne Gerüst. Bundeskanzlerin. Die Erste.

Angela Merkel braucht das Amt nicht. Aber sie braucht die Macht des Amtes, um zu gestalten und anzustoßen. Das Land und die Menschen. Als Vorsitzende eines kämpfenden und konkurrierenden Wahlviehhütervereins unter anderen Wahlviehhütervereinen blieben und bleiben alle Aktionen naturgemäß nur von begrenzter Reichweite. Die Republik wird mit ihr, einer Frau an der politischen Spitze, aber auch genauso wenig weiblicher oder gar ostdeutscher werden, wie "bajuwarischer" sie es mit Edmund Stoiber an der Macht geworden wäre.

Schröders über sieben Jahre hinweg in verschiedenen Varianten publikumswirksam eingesetzte Stil- und Ausdrucksmittel, in der Führung, wie in der Persönlichkeit, haben so gar nichts mit der innenkonstituierten Persönlichkeit Angela Merkels gemein. Symbolhaft die Jahreszeit: später November. Schlicht, bis ins Karge, aber darum nicht freudlos und gänzlich ohne Würde, gemessen an der Bedeutung, die Übernahme der Staatsführung, verlief dieser 22. November 2005 im Bundestag, im Schloß Charlottenburg beim Bundespräsidenten Horst Köhler, die "Schlüsselübergabe" im Kanzleramt durch den Vorgänger.

Symbolhaft auch die Bundeskanzlerin für Kinder. Auf der entsprechenden, noch am selben Tag der Amtseinführung ins WEB gestellten Seite heißt es am Schluß einer langen Ausführung, betitelt: Die Bundeskanzlerin oder: "Kein Beruf wie jeder andere":"Deshalb ist es wohl auch ganz gut, dass eine Bundeskanzlerin nicht ihr ganzes Leben Bundeskanzlerin ist, sondern nur ein paar Jahre." Da denkt jemand tatsächlich vom Ende her. "Nur ein paar Jahre". Das sollte Bürgerinitiative werden, festgeschrieben, gesetzlich verankert werden, personale Beispiele gibt es. Gewählt werden, wieder gewählt, acht Jahre. Aus. Ob Kanzler oder Kanzlerin. Neuer Mann oder neue Frau. Nie wieder 23 Jahre verkohlt und verschrödert werden.

"Glück auf", Frau Merkel.

rds





War da was? An jenem Sonntag im September, vierzehn Tage vor der herbeigezogenen Bundestagswahl 2005. Ein Duell gar? Zwei Kombattanten lieferten sich ein Gotcha-Spiel mit rosaroter Farbmunition. Wattebällchen. Niemand tat sich auch nur ernsthaft weh.

Eine mächtige Demonstration medialer Großmacht fand statt. Die Allianz von ARD/ZDF/RTL/SAT1. Die Demonstration der Fähigkeit zu einer alles überlagernden und verschlingenden Selbstinzenierung. Mehr war wirklich nicht. Oder doch? Das Sichtbarwerden der Medien als "heimliche Diktaturen"?

Im Hintergrund der Auflauf der Prätorianer-Garden um ihre Cäsaren. (m./w.) Wer oder was war da im "Welt-Medienzentrum" Berlin-Adlershof außer einen Rosenkranz betenden -oder die 99 Namen Allahs rezitierenden- Otto Schily noch im Bild gewesen? Ach ja: Schröder vs. Merkel vs. Schröder! Kommentatoren und Moderatoren. Wichtig! Analytiker. Noch wichtiger! Die schnellsten Meinungsumfragen zum Schlagabtausch und ihre Ergebnisse - mit Halbzeitstand! Schröder war wieder besser! Wie ist gegen ein institutionalisiert gepflegtes Vorurteil anzukommen? Im dem der Gegenpart, fallweise die Gegnerin, als weniger schlecht dargestellt wird als erwartet?

Das Fernsehen, das Mediale schlechthin, ist nicht nur mehr das Transportmittel, der hintergründige Darstellungsraum des Politischen, Resonanzraum der "Botschaften" von Regierung und Opposition, der Werbung von Parteien für ihre Programme, durch ihre instruierten oder selbst instruierenden Protagonisten. Sie alle, politische Parteien, der ganze Troß, sind auch nur noch Lieferanten einer auf Dauer angelegten und inszenierten Performance, schnittgerecht fürs Passepartout des Fernsehens aufbereitet. Dieses Passepartout enthält und vermittelt keine sinnfälligen Botschaften. Immer nur wechselnde Bilder. Immer wieder. In dieses Konzept der modernen, nassauernden Bühnenmeister fügen sich alle willig ein.

rds


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A B S E I T S F A L L E N 


Foto: 2005rdsWährend der Bundespräsident noch prüft und prüft und prüft, sachgerecht, anzunehmen umfassend, ernsthaft und der zu treffenden Entscheidung angemessen, während die Drohung einer angekündigten Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zweier Bundestagsabgeordneter im Raume steht und dieser Klage, so sie denn eingereicht wird, ein begründetes Urteil - mit aufschiebender oder nichtaufschiebender Wirkung - folgen müßte, agiert die politische Klasse mit der unerschütterlichen Selbstverständlichkeit: Wir wollen Wahlen - so soll es geschehen! Initiator ist der Bundeskanzler Gerhard Schröder, unser "Sozialstaats-Luther" (Ulrich Beck), aber allgemein gewordenes pseudodemokratisches, gnadenvolles Honoratiorentum ist es, vom angeblichen Souverän, diesem zum Ölgötzen stilisierten, zeitlich begrenzt umschmeichelten und umschwärmten Wähler, jetzt, da wir es wollen, da wir keinen anderen gangbaren Ausweg mehr sehen, vom "Souverän" also eine Entscheidung, ein neues Mandat einzufordern. Volk heraus an die Urnen zum staatsbürgerlichen Klosettdienst! Befreit das Vaterland von seinen selbstverschuldeten Verstopfungen. Alles, was daraus folgt, liegt, wie bereits vor dem alles, in eurer Verantwortung. "Es geht längst nicht mehr um die Umverteilung von Arbeit - Umverteilung von Arbeitslosigkeit lautet die Aufgabe." (Beck) Und zur allgemeinen Beachtung:"Diejenigen, die wir gewählt haben, sitzen machtlos und ratlos auf der Zuschauertribüne, während diejenigen, die wir nicht gewählt haben, Schlüsselentscheidungen treffen, die unser Leben und Überleben bestimmen."

Die Zeit drängt. Kurz ist die Spanne bis zum anversierten, frühesten Wahltermin 18. September. Die Druckerpressen laufen derweilen heiß. Wahlprogramme und Richtlinien sind als PDF-Dateien ins Netz gestellt. In den Parteizentralen, Abt. "Formeln und Floskeln", rauchen die Köpfe. Der Wahlkampf hat schon seinen ersten verbalen Höhepunkt: "Arbeit macht frei!", foulte völlig indiskutabel Ludwig Stiegler, und Schröder mag dabei denken, dies sei ihm unterstellt: Wahlkampf macht frei! Und vertreibt im Nebeneffekt vielleicht das Gespenst der Amtsmüdigkeit.

Vielleicht haben sich da alle spielversessen-heiße Mannschaften selbst in eine unerkannte Abseitsfalle begeben, in die sie den Bundespräsidenten Horst Köhler wähnen und spieltaktisch absichtsvoll gedrängt haben. Der Mann kann ja gar nicht mehr anders entscheiden. Wir wollen Wahlen, und wir haben dem Volk weiß und heiß gemacht, es will wählen. Er mag auch am Pult stehen und dirigieren, aber wir spielen unser Stück nach unseren Noten.

Was mag im Kopf dieses Mannes vorgehen, als an unsichtbaren Fäden hängender, nachvollziehender Vollstrecker, ohne Gesichtsverlust Schröders demokratische Tauchfahrt abzusegnen - oder - bei seinem Format nicht unvorstellbar - gegen Neuwahlen zu votieren und es gegen eine dann aufbrandende bundesweite, breite Empörungswelle einsetzen zu müssen?

Die Fragen lauten: Wie bleiben Person und Amt unbeschädigt und nicht diskreditiert, wie auch immer eine Entscheidung ausfallen und begründet werden wird? Wie wird es danach mit der Souveränität des Bundespräsidenten Horst Köhler bestellt sein?

Alles Nebensache? Hauptsache jetzt Wahlkampf!

"Mit der Aussicht, daß Frau Merkel und Herr Stoiber an die Regierung kommen, könnte Wirklichkeit werden, was alle jetzt schon wissen: Die packen's auch nicht! (...) Nicht das Auswechseln der Regierungsparteien, sondern das Verändern des Denkens ist notwendig, damit etwas politisch in Bewegung gerät. Weder die amtierende Bundesregierung noch die mitregierende oppositionelle Vielleicht-Regierung haben die Kernfrage aufgeworfen: Wie sieht ein Deutschland aus, das aus der Reformpolitik entsteht?"

So Ulrich Beck. Und er geht in seinem Essay Was zur Wahl steht (Suhrkamp, 2005) nicht darauf ein, wie es zu dieser, dieser speziellen Bundestagswahl 2005 kommt, bzw. kommen soll. Sie wird längst in einem breiten Konsens als unumstößlich feststehende Tatsache angenommen, ist handlungsanweisend und über ihre rechtmäßige Durchführung ist letztlich doch noch nicht entschieden. Eine bereits erfolgte Wahl, das Ergebnis, könnte durch ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts rückwirkend annulliert und für nichtig erklärt werden? Aber Ulrich Beck's Intentionen in seiner Schrift sind viel weiterführender und weisen über diese spezielle Wahl hinaus: "Was zur Wahl steht, darf nicht verwechselt werden mit dem, was zur Wahl gestellt wird."

rds





Vertrauensfragen

Der Bundeskanzler stellt im Parlament die (fingierte) Vertrauensfrage - die Parteien stellen anschließend ihre speziell formulierten (und fingierten?) Vertrauensfragen an das wählende Volk, aber gleichlautend wird bleiben: Wollt ihr uns?

Massada ist gefallen. Die Felsenfestung. Die an der Spree, nicht die beim Toten Meer. Nicht durch die Eroberung seiner Feinde, sondern durch den kollektiven Selbstmord seiner Verteidiger, im Angesicht einer überwältigenden Übermacht, im Angesicht einer sicheren Knechtschaft. "Es gibt ja auch Menschen, die aus Angst vor dem Tod Selbstmord begehen." So goutierte und kommentierte Michael Glos von der CSU im Deutschlandfunk den Wahlausgang in NRW, plus Münteferings Erstankündigung einer vorgezogenen Bundestagswahl.

Erleben werden wir nun bis zu einem möglichen Wahltermin im Herbst 2005 einen Wahlkampf aus der pornographischen Näheperspektive: Das Haar auf dem Pickel auf der Nasenspitze der Nase von Frau Merkel ...! Die Substanz so manch scheinbar hartgesottenen und mit allen Wassern gewaschenen, männlichen Politprofis wird sich im Verlauf dieses Sommers und Herbstes verflüssigen. Und ausgerechnet eine Frau, protestantisch und ostdeutsch, kocht sie aus. 


Foto-Montage: 2005rds


Die Politik aber insgesamt in Deutschland ist in ein Stadium fortschreitender Fäulnis übergegangen. Das bedeutet: Wechsel an der Macht kommen zur Zeit nur noch durch die Überdrüssigkeit an der jeweiligen Parteienkonstellation und damit Regierungskoalition zustande. Und diese Überdrüssigkeit beschleunigt zeitlich überproportional zum Potential des Verdrusses, und sie ist wechselweise zu beobachten. Bei den Politikern mit ihrem Unverständnis gegenüber ihren Wählern, bei den Wählern in ihrem abgrundtiefen Zweifel und Mißtrauen gegenüber den Politikern, ihrem Handeln und Habitus. Köpfe und Konzepte - heute so und morgen so - scheinen beliebig austauschbar; "dreht euch nicht um, der Plumpsack geht rum"! Eher zeitlich zufällig mag nun in Anlehnung an eine Allegorie in einem Kinderlied die Macht der Frau Merkel vor die Füße knallen. Ist es daher nur Ironie, daß mit Plumpsack eigentlich ein dicker, schwerfälliger Mensch verunglimpft wird?

Und was zeitigt mehr, und bedarf es eines besseren Beweises, daß die politische Klasse sich die Verhältnisse immer in der ihr gerade angenehmen und parteitaktisch-nützlichen Weise zurecht biegt? Bereitschaft zur Änderung des Grundgesetzes, um die an sich schwierige Selbstauflösung des Parlamentes zu ermöglichen, ist in Teilen erklärt und sichtbar geworden ("Recht auf Selbstauflösung"). Aber man war nicht bereit, das Grundgesetz dahingehend zu ändern, um eine Referendum des deutschen Wählers über die Europäische Verfassung (!) zu ermöglichen und hat ihn damit auf der Baustelle des europäischen Hauses zur immer währenden Zweitklassigkeit degradiert.

Die Idee vom mündigen Bürger und die beständig propagierte Letztentscheidung des Wählers als des "Souveräns", bleibt auch die beständige Posse der bundesdeutschen Nachkriegs-und Nachwendegesellschaft und ihres nachgeäfften demokratischen Parlamentarismus der westlichen Siegermächte.

rds






Zur Erinnerung:

Artikel 146 des Grundgesetzes:

Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tag, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

Gab es da nicht einmal eine Diskussion um 1990, dem Jahr der "Wiedervereinigung", und in den folgenden Jahren, die nutzlos, ergebnislos und tatenlos im Sande verlaufen ist? Die Grundgesetzdebatte - und ein Volk, das wieder vereinigt war und "in freier Entscheidung" über seine Verfassung, dem Grundgesetz, beschließen sollte. So, der Möglichkeit nach.

So wortreich pathetisch, links- und rechtsrheinisch, westdeutsch, wie als "wahre" Hauptstadt der Deutschen, Berlin, scheinbar unmißverständlich selbstverständlich in Zeiten des Kalten Krieges und des Eisernen Vorhangs heroisiert und hochgehalten wurde, und Bonn, einst nur nach knappster Abstimmung gegen Frankfurt am Main, die notwendige Stellvertreterfunktion zugewiesen bekam? Und wie dies in allen politischen Fest- und Sonntagsreden auch pharisäisch betont wurde, mit der heimlichen, selten offen geäußerten Ansicht und in dem Bewußtsein der Uneinlösbarkeit dieses propagandistischen, blutleeren Versprechens in der zukünftigen deutschen Geschichte, deren Aufgehen in der europäischen Geschichte schon frühzeitig anvisiert und vorgesehen war.

Der Kraftakt, eine noch unbewältigte innere deutsche Einheit zu bewerkstelligen, verfällt nicht als erstrangige Aufgabe und als nationales Ziel mit der Gleichzeitigkeit, an der europäischen Integration und Stabilisierung führend mitzuwirken. Ein in sich gespalten bleibendes Volk ist ein Fäulnisherd in der Europäischen Union. Willy Brandt irrte in geschichtsschwangerer Zeit mit seinem enthusiastischen, akklamatorischen Satz:"Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört!" Dafür gibt es kein genetisches Programm. Die Deutsche Einheit, politisch, gesellschaftlich, menschlich, ist weder ein autopoietisches System, noch ein mit Selbstheilungskräften ausgestatteter Volkskörper.

So wurde 1990 (vorsätzlich?) die Chance verbraten, einem (oberflächlich) wieder vereinigten Volk ein gemeinsames und, unter Berücksichtigung vierzigjähriger Trennungserfahrung, gemeinsam erarbeitetes Grundgesetz zur Abstimmung vorzulegen. Diese Oberflächlichkeit hat weiterhin Bestand, ja vertieft sich zusehends. Was waren die wirklichen Gründe gewesen, über die vielen verfassungsrechtlichen Bedenken und Einwürfe, Meinungen und parteipolitischen Instrumentalisierungen hinaus, es letztendlich nicht zu tun?


Und heute?

Angesichts der Tatsache, daß das französische Volk, die Bürger in Großbritannien abstimmen werden und in mehr als einem halben Dutzend anderer EU-Staaten über die vorgelegte Europäische Verfassung abgestimmt werden soll, die deutsche Bundesregierung, Marke RotGrün, dies mit argumentativer Fadenscheinigkeit ihrem oft viel beschworenen Souverän, dem Staatsvolk, dem je einzelnen wahlberechtigten Bürger aber abschlagen, verweigern will, verfestigt und bestätigt meinen Verdacht eines hierzulande immer noch wirkenden, zu tiefst mißtrauischen, paternalistischen, knebelnden Hoheitsstaates, der das Prädikat "autoritär" in vielen Bereichen (z.B. die mit dem Terrorismusargument gerechtfertigte verschärfte Überwachung der Bürger) für sich leicht zurückgewinnen kann.

Diese Verweigerung ist im Hinblick auf die unterbliebene Grundgesetzabstimmung nach der Wiedervereinigung -der Ruf "Wir sind das Volk" ; "Wir sind ein Volk" hätte damit im nachhinein seine verfassungsrechtliche Dimension erhalten -politisch geradezu abenteuerlich schädlich und volksverachtend. Auch wenn man sich klar machen muß, daß die Regierung damals noch andere Parteifarben trug. Eine jede Regierung, die ihren mündigen Bürgern, dem Volk, dem, wie schon erwähnt: Souverän, mit so viel Mißtrauen begegnet, sich aber gern auf die Weitsicht und die Weisheit der Väter (und den wenigen Müttern) des Grundgesetzes bei jeder sich andienenden Gelegenheit beruft, bedient sich fortgesetzt auch dieses spezifischen, nachkriegsdeutschen, längst überholten Mißtrauens und überträgt es -geschichtsbesessen von der Vergangenheit oder geschichtsvergessend im Hinblick auf die Gegegenwart- scheinbar mühelos auf eine nachgewachsene, gereifte Generation. Wie kann das sein?

Souverän - bei den Wahlen, dazwischen dann nur hohler, verhöhnter Popanz? Ein geschichtlich ausgewachsenes, verbleichendes, verblichenes Mißtrauen dient hier, immer zeitnah revitalisiert und nach Lage aktualisiert, der politischen Verweigerung der Mächtigen, dem Bürger, einer erwachsenen Generation von Volk, die Reife in Form von plebiszitären Verfassungselementen zuzugestehen und versagt es sich, mit Argumenten und Gegenargumenten, mit und in einer freien Wahl um die Zustimmung (oder befürchtet sie Ablehnung?) zur Europäischen Verfassung zu werben. Im Verhältnis der Regierenden und Regierten zueinander, scheinen Erstgenannte immer noch gern nach dem allzeit erneuerbaren Motto zu verfahren: Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen. Und da komme keine politische Plaudertasche mit dem Argument, das wäre eine Überforderung! Eine Überforderung des Bürgers, des Wählers, des Souveräns. Hier definiert und biegt sich eine politische Klasse ihr sinngefälliges Bild vom Bürger, vom Wähler, vom Souverän für sich gebrauchsgerecht hin.


Ihr seid eine Zumutung!

Für mich, und möglicherweise für viele andere Bürger, über deren eigene Gedanken, Antriebe und Befindlichkeiten ich nur vermuten kann. Wer von den 603 abstimmungsberechtigten Abgeordneten der 15. Wahlperiode des Deutschen Bundestages hat denn z.B. die über dreihundertseitige Vorläufige konsolidierte Fassung des Vetrages über eine Verfassung für Europa gelesen, wird oder zumindest will sie noch lesen, (von müssen mag ich gar nicht sprechen), bevor er darüber persönlich, wie derzeit vorgesehen ist, abstimmen wird? Was ihr Euch zumutet und zutraut, wollt ihr dem wahlberechtigten Teil des Volkes nicht zumuten und zutrauen? Ihr seid keine Elite, göttergleich Ungezeugte, allwissend Unsterbliche, sondern Querschnitt der Gewöhnlichkeit! Habe nicht ich, und mit mir vielleicht viele andere, gehörigen Grund, Euch zu mißtrauen? Vollständig.

Berlin ist es ja dann doch noch geworden: Hauptstadt. Nach einer vielstimmig hochgelobten, meineserachtens völlig überflüssigen Debatte, einer sogenannten parlamentarischen Sternstunde, mit einem Für und Wider quer über die Parteigrenzen hinweg. Es war das Ergebnis einer relativ knappen Abstimmung, nichts das eines über die Jahrzehnte hinweg wiederkäuenden Bekenntnisses und tatsächlich gegebenen und dann auch eingelösten Versprechens gewesen.


Als wahlberechtigter Bürger der Bundesrepublik Deutschland, und somit als Teil des obersten demokratischen, politischen Souveräns des Ganzen, will ich im Hinblick auf die historische Außergewöhnlichkeit der Konstituierung einer Europäischen Verfassung in einem Referendum über das Inkrafttreten oder über die Ablehnung dieser Verfassung, die in allen 25 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Gültigkeit erhalten soll, mit meinem Votum darüber mitabstimmen und fordere die, Kraft des obersten demokratischen Souveräns in die Verantwortung gesetzte Politik auf, alle dafür notwendigen Maßnahmen zu veranlassen und durchzuführen.

07/2004/rds



Guido Westerwelle in einem Interview der Zeitung DIE WELT vom 22.07.2004.

Themenlink: MEHR DEMOKRATIE E.V. - http://mehr-demokatie.de

Rudolf Walther, Am liebsten ohne Volk, EU-REFERENDEN EUROPAWEIT, Doch in Deutschland soll der mündige Bürger weiter den Mund halten, in: FREITAG, die Ost-west Wochenzeitung vom 23.07.2004

Roger Köppel, Die Arroganz der Eliten, DIE_WELT vom 27.07.2004






Wer vor und über gesellschaftliche Verwerfungen oder gar Unruhen in Deutschland -uneinig Vaterland- warnt und spekuliert, liebäugelt auch mit ihnen und ihrem potentiellen Verwirklichungsgehalt. Um dann noch schärfere, widerstandsbrechende Sanktionsmaßnahmen politikfähig, handlich und begründ-und duchführbar zu machen? Oder warnt er nur aus echter Sorge vor einem Zerfasern der von einer Form geistigen Skorbuts infizierten bundesrepublikanischen Gesellschaft in Jahre 14 n.d.WV? Verschärft könnte von einer Epidemie der gallischen Krankheit in den Köpfen der Verantwortlichen auf der Schiffsbrücke des Staatstankers mit seinen wirtschaftlichen Begleitzerstörern gesprochen werden. Vollkurs orientierungslos im Geleitzug zwischen Scylla und Charybdis, aber pausenloses Feuer in den undurchdringlichen Nebel.

"Sind wir dabei, einen großen Fehler zu begehen?", fragt Bolko von Oetinger. (Manager-Magazin 30.08.2004) Und weiter: "Einen Fehler, der darin bestünde, den globalen Kapitalismus weiterhin einfach und ohne gründliche Reflexion sich selbst zu überlassen. Nicht der Kapitalismus selbst ist dabei das Problem, sondern seine Verabsolutierung und damit die Reduzierung der Gesellschaft auf das Ökonomische. Der Siegeszug des Kapitalismus birgt die Gefahr seiner Selbstzerstörung."

Friedrich_Schorlemmer ist unverdächtig einer Fraktion wahnwitziger Einpeitscher in Politik, Wirtschaft und Medien anzugehören, denen das soziale Stahlgewitter, das mit besonderer Heftigkeit über die ostdeutschen Städte und Provinzen hereinbricht, immer noch nicht heftig und stürmisch genug ausfällt. Der Theologe pointiert einleitend in einem seiner zahlreichen veröffentlichten Texte, hier in Wenn die Angst siegt, Hartz IV, Existenzsorgen und innerdeutsche Gräben, am 6. August von DeutschlandRadio Berlin im Politischen Feuilleton gesendet: "Wo das Vertrauen in die Zukunft verloren geht, zerbricht eine Gesellschaft!" Und schließt mit der Feststellung ab: "Die Ängste sind existenziell, die ökonomischen Gegensätze laufen auf schwere soziale Konflikte zu, deren Ausgang nichts Gutes verheißt."


Bei aller Berechtigung der nicht unumstritten so bezeichneten "Montagsdemonstrationen", die unter dem Kapitel -Gegenmaßnahmen und Aktivitäten- in der noch zu schreibenden historischen Klarstellung Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger am Vorabend von Hartz IV beleuchtet werden könnten, hätte eine dabei weitgehend fehlende, auffälig unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppe die notwendigste und fast naturhafte Legitimation zu lautstarken und aktiven Anklagen und Protesten: die Generation der Zwanzigjährigen in dieser Republik, deren Zukunft unter die Schaufel politischer Totengräber geraten ist. Fast ist man versucht ihnen in ihrer temporären Erstarrung und Lethargie den alten Spontispruch: MACHT KAPUTT, WAS EUCH KAPUTT MACHT! zuzurufen, aber im Entsetzen über die eigene nicht überwundene Mut-und Hilflosigkeit gerät er zu einer geschichtsverklärten Daueraufforderung, die ins Leere schallt. Man ruht selbst immer noch in dem Prokrustesbett des geistigen Einheitsdenkens in das man zur Welt gekommen und von vielen wohlmeinenden Ammen gesäugt worden ist; schwer fällt die Entwindung.

Sollten jemals wieder wirtschaftlich prosperierende Zeiten anbrechen und der Mangel an fachlich gut ausgebildeten Arbeitskräften als deutliches Menetekel, parallel zum Geburtenschwund, unabweisbar sein, findet (wieder) eine Schuldumkehr zu Lasten dieser verarschten Generation statt. Kein heute Jugendlicher, kein heute junger, erwachsener Mensch wird später plausibel machen können, warum er damals nicht ausgebildet worden ist, kein Ausbildungsplatz gefunden hat, bei schrittweiser Einführung von Studiengebühren fürs Erststudium nicht studiert oder alternativ nicht wenigstens die angebotene (!) Lehrstelle als Fachverkäufer-/in für Fleisch-und Wurstwaren akzeptiert und angenommen hat. Ja, selbst dafür ist ein durchschnittliches Abitur als inflationärer Bildungsabschluß nicht mehr gut genug. Allerorts und bei wem auch immer wird ihm beißendes Unverständnis entgegenschlagen. Das kollektive Versagen und Verweigern wird in das individuelle Versagen und Verweigern umgemünzt und von vielen dann leider auch widerstandlos akzeptiert werden.

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Die regierenden und opponierenden Darsteller in Politik und Wirtschaft vereinigen sich zu einem Kartell der Volksbeschimpfer.

Das auf der grünen Wiese mit staatlicher Eigentumszulage gebaut werden konnte und der Pendelverkehr zum fünfzig und mehr Kilometer entfernten Arbeitsplatz großzügig steuerlich über die Kilometerpauschale begünstigt wurde, daß das Kindergeld dem Gleichheitsgrundsatz unterstellt und somit auch über die Mittelschichten hinaus den sogenannten "Gutbetuchten" und Einkommensmillionären formverändert zugänglich war und ist, daß alle auf einer gesetzlichen Grundlage beruhenden staatlichen Leistungen nach einer, wohl zu oft zu großzügig ausgelegten und ausgefallenen Bedarfs- und Bedürftigkeitsprüfung auch abgeschöpft wurden und weiterhin unverdrossen in Anspruch genommen werden, war gewolltes und zielgerichtetes politisches Handeln der Verantwortlichen gewesen.

Die selbsternannten Dreisterneköche in ihren Parteiküchen kochen zwar für uns gern, aber es soll nur verlockender, verführender Augenschmaus sein, nur zum Anschein. Auch Naschen ist verboten, fortan. Weil die Köche schon seit geraumer Zeit wissen und wußten, daß der Vorratskeller leer steht, aber irgendwie ihr Restaurant voll werden muß: durch Versprechungen und -wie zu erlegendes Wild- Anfütterung ihres Klientels. 


Nach den ständigen Ermahnungen zu mehr Eigenverantwortung und Selbstvorsorge -Lust und Mut zur Freiheit heißt das auf der einen Seite, Selbstbegünstigung und Privilegienpflege auf der anderen- ergeht sich Gerhard Schröder samt seiner Gesinnungsgenossen querbeet nun in Beschimpfungen, gleich ausgebuhter Volksschauspieler, die sich wegen der miserablen Aufführung ihres Stückes durch Publikumsbeschimpfungen selbst bestätigen und zu befreien suchen.

"Die Leute"-Sager auf den Redepodesten ("... die Leute haben noch nicht begriffen; ... die Leute müssen sich darauf einstellen..."), "die Leute"-Sager im Rundfunk und im Fernsehen, in den Redaktionsstuben der Zeitungen und Wochenschriften, in den Ausschußsitzungen und Gremien für oder gegen dies oder das, laufen heiß mit und in ihren zur ultimativen Wahrheit verklärten Predigten, Bekundungen und Anmaßungen über "die Leute". So mögen sie doch endlich begreifen: die Leute. Und ihre Vernunft annehmen!

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 D I E   B E V O R M U N D E T E   D E M O K R A T I E


Institutionelle Meinungsumfragen machen in ihren Ergebnissen ein nachlassendes Demokratieverständnis, eine nachlassende Zustimmung zur Demokratie besonders ausgeprägt in Ostdeutschland aus. Interpretierbar. Die Umfrageergebnisse vermitteln ein Bild zunehmender Enttäuschung und Ablehnung gegenüber den Wert, Gehalt, Nutzen und Sinn, ja stellen die über alle vorhandenen Defizite hinaus bewährte Staatsform an sich in Frage.  

Demokratie ist kein göttlicher Imperativ: sie werde, und sie ward. Monolithisch und unablässig alldurchdringend wirksam, menschenveredelnd, ewiglich. Sie ist nicht der einzige, aber bislang der beste Weg zu einer befriedeten Gesellschaft und darüber hinaus womöglich auch zu einer befriedeten Staatengemeinschaft, um mithin einen weltbürgerlichen Zustand der öffentlichen Staatssicherheit einzuführen, der nicht ohne alle Gefahr sei, damit die Kräfte der Menschheit nicht einschlafen, aber doch auch nicht ohne ein Prinzip der Gleichheit ihrer wechselseitigen Wirkungen und Gegenwirkungen, damit sie einander nicht zerstören. (Kant) Aber eben nur ein Weg. Mit Hinterhalten, wüsten und dornigen Abschnitten, manchmal kaum erkennbar, so daß Orientierungslosigkeit und Verirrungen drohen.

Die Demokratie steht für mich inhaltlich außer Zweifel, wohl aber die Form ihrer vergangenen und gegenwärtigen Praktizierung in der Bundesrepublik Deutschland. Die Einsicht reift und bestätigt sich, in einer bevormundenden und bevormundeten Demokratie zu leben.

Landeshauptstadt Dresden, Foto: rds2004Die "Staatsmedienanstalten" ARD und ZDF boten anläßlich der Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg ein unsägliches, "hochnotpeinliches" Trauerspiel, und einen Hinweis darauf, wie abstoßend ein mißgebildetes Demokratieverständnis wirken kann, das in seiner Aktion via Bildschirm transportiert einer Verhaltensverordnung ans hörende und sehende Publikum gleichkam. Vom seichten Verblödungsprogramm zum pädogogischen Hammerschlag, stufenlos. Eberhard Seidel kommentierte absolut zutreffend in der taz über das "Debakel am Abend". ("... höflich sind wir nur zu den Mächtigen!")

Weil Demokratie und demokratisches Verhalten eben keine festgefügten, glückselig machende Zustände sind, sondern -und um eine andere Metapher zu bemühen- für jeden Einzelnen beharrliches Bauen auf schwankendem Gerüst an einem Bau auf festem Grund bedeutet, kann und darf die Ausführung nicht allein in die Beliebigkeit der beauftragten Bauherren gestellt bleiben. Vielmehr als freies Wählen, (oder gegebenenfalls aus vermeintlichem Mangel an Alternativen mal nicht zu wählen), heißt Demokratie: sich einzumischen. Ralf Dahrendorf erhebt dies sogar in den Rang einer bürgerlichen Pflicht. Und nicht alles unwidersprochen allseitig stehen und gewähren lassen, stumm hinnehmen, wozu multimediale, omnipräsente Großinterpreten a'la Glotz, Späth, Miegel, Henkel oder die Chefredakteure einer publizistischen Flagschiffparade als rationale Einsicht dem Volke in Auftragsarbeit der Regierung und der Wirtschaftsverbände einzubläuen sich berufen fühlen.

Dem beklagten, momentanen allgemeinen Schweigen unbenannter Intellektueller (Grass [hat die Seiten gewechselt], Walser, Habermas, Enzensberger[?], u.v.a.?) steht das pausenlose Globalisierungsgeschnatter der Ökonomen und ihrer Adepten gegenüber. Die antisoziologische Feststellung Maggie Thatchers, sie kenne keine Gesellschaften, sondern nur Individuen, ließe sich elegant in das Idiom der Globalisierungssprache übertragen: Es gibt keine Globalisierung, sondern nur weltweit, zeitgleich koordiniert, in einem wirtschaftlichen Kontext handelnde Individuen. Ihre übereinstimmenden Ziele sind: Gewinnmaximierungen über alles!

Das Schlagwort von der Globalisierung tarnt und verschleiert den nachvollziehbaren, analysierbaren Entscheidungsstrang je einer in voller Verantwortung stehenden und zielorientiert, bewußt handelnden Einzelperson. Ebenso wie es die Globalisierung nicht gibt, gibt es auch nicht die Wirtschaft. Die (nichtmechanischen) Systeme im Luhmannschen Sinne, präziser ihre Administratoren, deklassieren die Individuen in die Abhängigkeit eben jener Systeme, die durch individuelle Handlungen und Entscheidungen lebendiger Personen erst frei(?) geformt und gebildet werden. Die administrative Regulierung der weltumspannenden Geldströme enthält das dazu adäquate Machtpotential. Insofern widersprechen und widerstreiten die Systeme der Demokratie und der Globalisierung sich, sind miteinander auf Dauer gesehen inkompatibel, das das System der Demokratie nur Bestand hat auf Grund der formalen Gleichgewichtigkeit der politischen Entscheidungsprozesse seiner Bürger, die in der Votierung, der Stimmenabgabe bei demokratischen Wahlen ihren Ausdruck findet. Die "weltbürgerlichen" Administratoren der Globalisierung besitzen zwar vermutlich ausnahmslos alle eine Staatszugehörigkeit, einen Paß, sind aber in ihren Entscheidungen staatenlose Individuen, überstaatlich in eigengesetzlichen Codizes organisiert und demokratischen Spielregeln und Kontrollen durch Bürger und Wähler enthoben. Die aber sind und bleiben unmittelbare Betroffene, Nutznießer oder häufiger Leidtragende dieser Schattenregierenden.

Das Bild von der bevormundeten und bevormundenden Demokratie zeichnet sich schärfer ab. Von Außen wird sie von der als unabwendbares Schicksal stilisierten Globalisierung bevormundet, nach Innen bevormundet sie ihrerseits ihre Bürger in der einzigen noch unverbrüchlich verbleibenden Form der Kontrolle: der Kontrolle über das Gewaltmonopol.

Nachvollziehbar ist daher der häufige Hinweis des Kanzlers, des Wirtschaftsministers oder des Außenministers, oder beliebig anderer in der Regierung, gelegentlich auch der in den Oppositionsparteien Verantwortlichen, auf die eingeschränkte Handlungsfähigkeit der Bundesregierung in Bezug auf globale Maßstäbe. Leider allzu oft auch als gefälliges Ablenkungsmanöver und Entschuldungsgrund mißbraucht und immer wieder als Argument unter den top ten im Handbuch der politischen Pauschalrhetorik aufzufinden, um eigenes Versagen und Versäumnis zu vertuschen.

Aber ist das nicht eine einbeinige Demokratie? Wenn das Votum der Bürger in einem einschneidenden und entscheidenden Bereich -im Feld der ökonomischen Wirklichkeit- unwirksam bleibt, tatsächlich nicht abgefragt wird, nicht abgefragt werden kann? Wozu wählen, wenn die Regierenden eines starken Staates nach erfolgreich bestandenen Wahlen und im Wettbewerb mit demokratischen Parteien sich mit Siegerlorbeer bekränzen, aber vor den Akteuren und Administratoren der Globalisierung, zumindest augenscheinlich, kampflos die Waffen strecken? Erklärbar ist das auch damit: Man ist selbst uneingeschränkt dafür und sieht in der Globalisierung keinen zu bändigenden und in seiner zerstörerischen Wirksamkeit einzuschränkenden Gegner. Ihre fehlende demokratische Legitimierung bleibt, mag diese Feststellung sich auch der Lächerlichkeit preisgeben. Sie soll auch im Verständnis ihrer Protagonisten unregulierbar sein und bleiben, frei von staatlichen Zugriffen und Einschränkungen und demokratischer Kontrolle.

Hinter dem propagierten, visionären freien Spiel der Kräfte wirken aber ganz ungeniert zuordnungsfähige und benennbare Interessen. Ein System hat keine Interessen, aber die menschlichen Administratoren und ihre Nutznießer, ohne die ein nichtmechanisches System gar nicht existieren kann, haben Interessen. Die Globalisierung ist wie die Wissenschaft eine Form, eine Ausdrucksweise menschlichen Handelns. Beide entziehen sich aber mit wachsender Beschleunigung den von staatlichen Verfassungen und Regelungen überformten Gesellschaften, schweben gleichsam (in) einer Seifenblase (oder in einem unverletztlichen Raumschiff?) darüber. Zurück bleibt die Masse der immer mehr in ihren Gestaltungsspielräumen eingeschränkten und ihrer bisher gültigen Wertverankerung entrissenen und entwurzelten Bürger.

rds

Themenlink: Reinhard_ Kreissl, An die Kräfte des Marktes glauben?, DeutschlandRadio Berlin v. 25.09.2004:

"Warum sollte man ein Gemeinwesen unterstützen, das seine politische Verantwortung an die Wirtschaft abgegeben hat, wenn der eigenen Lebensperspektive im Namen der angeblichen ehernen Erfordernissen des Marktes die Vernichtung droht?"





September 04:"Die Demokratie findet nicht im Portemonnaie statt." Paul_ Nolte, in einem Interview des Stern, Heft 40, 23.09.2004

Dezember 04: "Eigene Urteilskraft ist die Basis der Demokratie, doch eine Massenvernichtungswaffe ist bereits im Einsatz: die Desinformation." Daniela Dahn, in Freitag, Nr. 53 vom 24.12.2004

Dezember 04: "Die Mauer ist weg. Die Mauer der Armut kommt ohne Schießbefehl aus." Gabriele Gillen in Hartz IV, Eine Abrechnung, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbeck bei Hamburg, Dezember 2004 

Februar 05: "Umfragen muß man gelassen betrachten, wenn Joschka Fischer auf dem ersten Platz logiert." Christian Wullf , Ministerpräsident in Niedersachsen, in einem Interview mit der WELT am SONNTAG vom 20. Februar 2005 zur Tatsache, laut Politikbarometer als zweitbeliebtester Politiker hinter J.F. zu gelten.

Februar 05: "Drei Frauen an der Spitze, das kann nur gut gehen." Heide Simonis, alte und neue(?) Ministerpräsidentin nach der ausgestandenen Zitterwahl in Schleswig-Holstein, und meint die drei Frauen an der Spitze von SPD, GRÜNE und SSW. Spiegel-Online vom 21.02.2005

April 05: Guido Westerwelles Antwort auf die Schlußfrage, über was Karl Marx im Himmel sich mehr freuen würde, über den deutschen Papst oder über Münteferings Heuschrecken-Kapitalismus-Kritik: "Ich glaube nicht, daß Karl Marx im Himmel ist." In der WDR-Sendung hartaberfair vom 27. April 2005 mit Frank Plasberg.

Mai 05: (...)"Gedankenfreiheit muß keiner fordern, weil man sich meist sowieso keine Gedanken macht." Günter Kunert im Deutschlandradio Kultur, Signale, am 01. Mai 2005.

Mai 05: "...nach nur sieben Jahren Schröder ist die Stimmung mancherorts wie nach 16 Jahren Kohl." Andreas Petzold im Stern, Heft 21, 19.05.2005

Juli 05: "In einer Gesellschaft, welche ihre Zukunft hinter sich hat, ist Politik nur noch ein Hohlraum organisierter Verantwortungslosigkeit." Wolfgang Sofsky am 10.Juli 2005 im Deutschlandradio Kultur, Signale.

Juli 05: "Den Deutschen ist im Zweifel der Wohlstand wichtiger als die Freiheit. Deshalb sind sie verführbar."  Wolfgang Herles im Deutschlandradio Kultur am 27.7. 2005, "Jetzt wählen - wozu?"

August 05: Franz Müntefering über Angela Merkel zum SPD-Wahlkampfauftakt am 13. August in Hannover auf dem Opernplatz:"Sie ist eine, die mit wissenschaftlicher Akribie die Flugbahn des Balls analysieren kann. Aber sie weiß nicht, wo der Ball ist." Bespricht er da die politische Unschärferelation der Physikerin Merkel?

September 05: "Eine Frau von Format." Michael Wolffsohn über Angela Merkel in der netzeitung vom 06.09.2005

November 05: "Wir sind in manchen Beziehungen ein komisches Land: Japan gibt sich die Überschrift 'Land des langen Lebens'. Wir haben den selben Fakt und schreiben darüber:'Wir haben das Problem, daß wir alle zu alt werden.'" Matthias Platzeck; aus der Rede auf dem SPD-Parteitag in Karlsruhe am 14. November 2005.  

Juli 06: "Kinderlose Genies sind Strohfeuer der Entwicklung." Josef Schmid im Deutschlandradio Kultur am 9. Juli 2006 - Das Bürgertum - vielgeschmähtes Rückgrat. Frage: Ist nicht die ganze Menschheit nur ein Strohfeuer der Evolution?

Januar 07: "Die besten Absichten taugen nichts, wenn man mangels Rückrat mit den Wölfen heult." Paul Schäfer, im Freitag vom 26.01.2007 - Mitwisser und Mittäter



Buchtipp aktuell:                                                                                        

Jürgen Leinemann, Höhenrausch, Die wirklichkeitsleere Welt der Politiker, Karl Blessing Verlag, München 2004, ISBN 3-89667-156-1, 490 Seiten, 20,00 €


Politik, Geschichte, zeitüberblendender Drogenbericht über die Droge "Macht" und ein Psychogramm seiner podesterhobenen und höhenerfahrenen Akteure und Staatsschauspieler als anekdotische Erzählung in einem umfassenden, aber nicht elegischen Format.

Jürgen Leinemann gelingt es, das selbstgefällige Eigenbild der politischen Klasse auf ihre tatsächliche menschliche - allzu menschlich schwächelnde Substanz, auch die eigene, als involvierter Beobachter und subjektiver Interpret, mit gelegentlich zu geringem Sicherheitsabstand, einzuschränken und glaubhaft zu machen, und die angelernte Angst vor einem tödlichen Stromschlag bei unvorsichtiger Berührung mit den Mächtigen auf ein realistisches Maß herabzudrücken.

Politisches Handeln ist erfahrungsabhängig von der Geschichte, von seinem eigenen schuldig oder unschuldig erlebten und erlittenen Anteil. Aber über die Politikergenerationen hinweg, ihrer je individuellen lebens- und zeitgeschichtlichen Voraussetzungen, schwebt immer über dem (Heiligen-)Schein der halluzinierten Übergröße eines XXL-Formats die Gefahr des rückstandsfreien Verkümmerns als Mensch, explizit am Beispiel Helmut Kohls dargestellt, der, wie wir fast alle erlebt haben, ein "Macht-Haber" war. "Je länger er amtierte, desto unverhohlener führte er sich auf, als sei er der Eigentümer des Staates und seiner Privilegien."

Beispielhaft auch Joschka Fischer, der es liebte, sich und sein Leben zu deuten und symbolisch aufzumotzen, und der bei seiner Ankunft im Auswärtigen Amt der Republik sich und seine Welt schon in zehn Büchern erklärt hatte. Er, wie so viele andere, sind indessen eingeschlossen in Helmut Schmidts, des Kriegsgestählten, alle nachfolgenden Politikergenerationen nivellierender Sentenz: "Nur Karrieren - keine Schicksale." Womit er die erfahrungs- und staubfreien lean-and-clean-Biographien zeitgenössischer Politmimen schlagwortartig vorgezeichnet hat.

Nach rund vierhundert Buchseiten kurzweiliger, bissiger und zeitweise brisanter Lektüre ist der Leser angekommen im "gesamtdeutschen Illusionstheater" und damit ganz nahe dem "hochtourigen Leerlauf" den die heutige und die einstmals westdeutsche Politik, von wenigen, zumeist in den Anfängen der Republik liegenden Ausnahmen abgesehen,insgesamt kennzeichnet. Vermessen geworden ist auch die Hoffnung auf das Wirken "lebenswahrer Menschen" in ihr.

Erst in der Mitte des Buches formuliert, das Gemeinsame, Verschwörerische andeutend, die immer präsente Gefahr für Journalisten, vereinnahmt zu werden, eine bestimmte Grenze nicht ungestraft zu überschreiten, aber als unverrückbarer, negativer Merksatz für die ganze Lektüre gültig: "Was Wirklichkeit ist, bestimmen wir, und wer "wir" sind, bestimmen wir auch." Jürgen Leinemann hat dieses Gehäuse von Wirklichkeit kräftig durchgeblasen und durcheinandergewirbelt und als Trugbild und Lebenslüge denunziert.

rds10/2004

Themenlink: Die große Entsolidarisierung, Kursbuch 157, September 2004, Paul Nolte: Die große Sprachlosigkeit der Reformen - www.rowohlt.de/magazin/84037 -pdf

"...die Abgehobenheit der Politiker ist oft nur ein Wahrnehmungsreflex eines politisch untergetauchten, abgedankten Volks."

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Das fortlaufende Gedenken ödet an. Diese allgegenwärtige Gedenkrepublik! Immer wiederkehrend wird der falschen Helden des Widerstandes im Nationalsozialismus wegen pompöses Gedenken zelebriert. Die Namen der wirklichen Helden bleiben zumeist unerwähnt oder sie sind unbekannt, bleiben es. Auch weil man mit ihnen keinen Staat machen kann. Staatshelden werden gebraucht und keine Volkshelden.

Ständig wiederkehrend auch die "friedliche Revolution". Beliebt bei allen Trittbrettfahrern und selbsternannten Revolutionären der ersten Stunde. Die, die den echten Willen zu Veränderungen und zu einem Neubeginn hatten, sind schnell verdrängt worden und haben aufgegeben. Andere als sie stehen jetzt in der ersten Reihe.

Dabei werden ganz gegenwärtig zahlreiche Menschen gewollt in elementare Existenznöte geschickt. Deren kann man dann ja bei tödlichem Ausgang in zwanzig, dreißig Jahren wieder gedenken, als unschuldigen Opfern der Globalisierung. Womit unserem Nationalcharakter als den ewig Gedenkenden, rückwärts gewandt und vergangenheitsfixiert, sein Genüge getan wird.

Die Welt kratzt sich heftigst am Arsch. Ihr Deutschland juckt!

rds

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